06.01.2012

Zur Kontrollpflicht der Spielbanken vor Aufhebung einer Eigensperre

Die Aufhebung einer Eigensperre durch die Spielbank stellt eine Verletzung des Sperrvertrags dar, wenn nicht der Spielbank zuvor der hinreichend sichere Nachweis erbracht wird, dass der Schutz des Spielers vor sich selbst dem nicht mehr entgegensteht, mithin keine Spielsuchtgefährdung mehr vorliegt und der Spieler zu einem kontrollierten Spiel in der Lage ist. Allein die wirtschaftlichen Verhältnisse des Spielers treffen bei einer Selbstsperre nicht den Kern des Problems.

BGH 20.10.2011, III ZR 251/10
Der Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin nahm von 1996 bis 2004 am Roulette-Spiel in der Spielbank der Beklagten teil. Im Februar 2004 bat er die Beklagte schriftlich darum, ihn mit sofortiger Wirkung deutschlandweit in Spielbanken zu sperren. Daraufhin verhängte die Beklagte gegen ihn eine Spielsperre für sieben Jahre. Im September 2006 wandte sich der Ehemann allerdings wiederum an die Beklagte, wies auf die Normalisierung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse hin und bat um Aufhebung der Sperre. Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft der Creditreform ein, wonach dieser Beanstandungen der Zahlungsweise des Zedenten nicht bekannt seien und deshalb die Geschäftsverbindung als zulässig angesehen werde. Daraufhin hob die Beklagte die Sperre auf.

Der Ehemann nahm bis März 2008 wieder am Roulettespiel teil, wobei ihm laut Behauptung der Klägerin ein Schaden i.H.v. rund 247.702 € entstanden sein soll. Die Klägerin machte aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Schadensersatz mit der Begründung geltend, die Beklagte habe ihren Ehemann in der Zeit pflichtwidrig am Glücksspiel (Roulette) teilnehmen lassen. Die Beklagte begehrte im Wege der Widerklage die Feststellung, dass der Klägerin keine über den Klaganspruch hinausgehenden Ansprüche zustehen.

LG und OLG wiesen die Klage ab und gaben der Widerklage statt. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH die Urteile auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Beklagte hatte, indem sie den Sperrvertrag aufhob, ohne sich zuvor davon zu überzeugen, dass der Schutz des Ehemanns vor sich selbst einer solchen Aufhebung nicht mehr entgegenstand, gegen ihre Pflichten aus dem Sperrvertrag verstoßen. Sie muss ihm im Wege des Schadensersatzes so stellen, wie er gestanden hätte, wenn der Sperrvertrag aufrechterhalten worden wäre und die Beklagte pflichtgemäß für die Einhaltung der Sperre Sorge getragen hätte.

Bei einer Aufhebung des Sperrvertrags muss gewährleistet sein, dass sich nicht gerade die Risiken verwirklichen, die durch dessen Abschluss ausgeschlossen werden sollten. Insoweit stellt die Aufhebung einer Eigensperre durch die Spielbank eine Verletzung des Sperrvertrags dar, wenn nicht der Spielbank zuvor - etwa anhand einer vom Spieler vorgelegten sachverständigen Begutachtung oder Bescheinigung einer fachkundigen Stelle - der hinreichend sichere Nachweis erbracht wird, dass die Gründe, die zu ihrer Beantragung geführt haben, nicht mehr vorliegen.

Infolgedessen erwies sich die Auffassung des OLG als rechtsfehlerhaft, der Sperrvertrag stehe einer Aufhebung nicht entgegen, wenn der Spieler diese mehr als ein Jahr nach Vertragsschluss beantrage und der Spielbank außer dem früheren Wunsch des Spielers nach einer Eigensperre keine weiteren Erkenntnisse über dessen Spielsuchtgefährdung vorlägen. Denn nach BGH-Rechtsprechung liegt dem Antrag auf Eigensperre gerade die kritische Selbsterkenntnis eines durch Spielsucht gefährdeten Spielers in einer Phase zugrunde, in der er zu einer solchen Einschränkung und Selbstbeurteilung fähig ist. In einem solchen Fall darf die Spielbank die gewünschte Aufhebung der Sperre nicht vornehmen, ohne sich davon überzeugt zu haben, dass der Schutz des Spielers vor sich selbst dem nicht mehr entgegensteht.

Die Beklagte konnte zum Zeitpunkt der Aufhebung der Sperre mangels vorgelegter Nachweise oder eigener Nachforschungen weder wissen noch ausschließen, ob dieser weiterhin eines Schutzes vor sich selbst bedurfte. Allein der Zeitablauf besagte hierzu nichts. Auch der Umstand, dass der Eheman die Aufhebung unter Hinweis auf eine Normalisierung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erbeten hatte, entlastete die Beklagte nicht, wobei dahinstehen kann, ob die von der Beklagten eingeholte Auskunft der Creditreform zur Überprüfung dieser Behauptung überhaupt geeignet war. Schließlich sind die wirtschaftlichen Verhältnisse bei einer Selbstsperre nicht der Kern des Problems. Kann sich jemand aus finanziellen Gründen das Glücksspiel nicht mehr leisten, wird er normalerweise nicht weiter spielen.

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