13.08.2018

Zur Legaldefinition der "öffentlichen Urkunde" in Grundbuchsachen

Die in § 415 Abs. 1 ZPO enthaltene Legaldefinition des Begriffs der öffentlichen Urkunde gilt auch in Grundbuchsachen. Die letztwillige Verfügung des Erblassers, aus der sich die Erbenstellung der Beteiligten ergeben soll, genügt nicht den Formerfordernissen des § 35 Abs. 1 GBO.

OLG München 25.7.2018, 34 Wx 174/18
Der Sachverhalt:

Der im November 2009 verstorbene Vater der Beteiligten ist im Grundbuch als Eigentümer eines Miteigentumsanteils, verbunden mit Sondereigentum an einer Wohnung, eingetragen. Im März 2018 beantragte die Beteiligte die Umschreibung des Eigentums auf ihren Namen. Sie sei Alleinerbin nach ihrem Vater und besitze "nach erfolgreicher Testamentsvollstreckung die Eigentumsrechte an der Wohnung". Die Wohnung sei ihr bereits von der Testamentsvollstreckerin übergeben worden. Beigefügt waren in Ablichtung ein Testamentsvollstreckerzeugnis, nach dessen Inhalt die angeordnete Dauervollstreckung am 28.12.2014 endet, und das handschriftliche Testament des Erblassers.

Das Grundbuchamt hat darauf hingewiesen, dass der Nachweis der Erbfolge durch Vorlage eines Erbscheins zu führen sei, weil die Verfügung von Todes wegen nicht in öffentlicher Urkunde vorliege. Am 17.4.2018 hat es mit fristsetzender Zwischenverfügung das Fehlen des Erbnachweises als Eintragungshindernis beanstandet und Gelegenheit zur Vorlage eines Erbscheins gegeben. Die Beteiligte führt daraufhin aus, das Testament, aus dem sich ihre Erbenstellung ergebe, sei beim AG zur amtlichen Verwahrung hinterlegt gewesen. Aufgrund der durchgeführten Testamentsvollstreckung und des Testaments sei "die Erbfolge der Wohnung eindeutig konstatiert und für die Grundbuchumschreibung somit keine Vorlage eines Erbscheins notwendig". Mit Blick auf die eingelegte Beschwerde widerspreche sie außerdem der bis zum 15.6.2018 gesetzten Frist.

Das Grundbuchamt hat dem nicht abgeholfen. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das OLG die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - dahingehend geändert, dass die Frist zur Behebung des Eintragungshindernisses bis zum 28.9.2018 (einschließlich) gesetzt wird. Mit dem Hauptbegehren hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Gründe:

Das Grundbuchamt kann zum Nachweis der Berichtigungsvoraussetzungen einen Erbschein verlangen.

Soll das Grundbuch - wie hier - durch Eintragung der Erbfolge berichtigt werden, so ist nach der gesetzlichen Bestimmung in § 35 Abs. 1 S. 1 GBO die Erbfolge in der Regel durch Erbschein (oder in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Europäisches Nachlasszeugnis) nachzuweisen. Ein Erbschein ist nach § 35 Abs. 1 S. 2 GBO nur dann nicht erforderlich, wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, und wenn diese Verfügung sowie die Niederschrift über ihre Eröffnung vorgelegt werden. Ein solcher Ausnahmefall lag hier allerdings nicht vor.

Die in § 415 Abs. 1 ZPO enthaltene Legaldefinition des Begriffs der öffentlichen Urkunde gilt auch in Grundbuchsachen. Danach sind öffentliche Urkunden solche, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind. Die letztwillige Verfügung des Erblassers, aus der sich die Erbenstellung der Beteiligten ergeben soll, genügt diesen Formerfordernissen allerdings nicht. Ein eigenhändig errichtetes Testament wird weder durch amtliche Verwahrung noch durch nachlassgerichtliche Eröffnung zu einem öffentlichen Testament oder zu einer öffentlichen Urkunde.

Auch der Hinweis der Beteiligten auf die amtliche Verwahrung des Testaments war insofern unerheblich. Dabei konnte dahinstehen, ob die letztwillige Verfügung zum Zwecke ihrer Eröffnung aus der besonderen oder der einfachen amtlichen Verwahrung entnommen worden war. Denn die Möglichkeit, ein eigenhändiges Testament in die (kostenpflichtige) besondere amtliche Verwahrung zu geben, dient dem Interesse des Erblassers am Schutz und an der Geheimhaltung seiner letztwilligen Verfügung. Die hierfür geltenden Verfahrensvorschriften (§§ 344, 346, 347 FamFG) sichern das öffentliche Interesse der Rechtspflege an einem geordneten Verwahrungsverfahren.

Da im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung die Frist bereits abgelaufen war und dies nach § 74 GBO im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen ist, hat der Senat eine neue Behebungsfrist gesetzt.

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