07.10.2014

Zur Rechtmäßigkeit von Führungspositionen auf Zeit im Beamtenrecht

Die Regelung in Art. 45 BayBG, wonach Ämter mit leitender Funktion zunächst nur im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragen werden, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Dauer der Amtsperiode von fünf Jahren ist noch angemessen bestimmt.

Bayerischer VGH 9.9.2014, Vf. 2-VII-14
Hintergrund:
Art. 45 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) sieht vor, dass bestimmte Ämter mit leitender Funktion für den Zeitraum von fünf Jahren zunächst im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragen werden. Erst mit Ablauf der fünfjährigen Amtsperiode ist dem Beamten oder der Beamtin das Amt mit leitender Funktion auf Lebenszeit zu übertragen, wenn der Beamte oder die Beamtin im Rahmen der bisherigen Amtsführung den Anforderungen des Amtes in vollem Umfang gerecht geworden ist. Die angegriffene Regelung ist an die Stelle der früheren Vorschrift des Art. 32 a BayBG a.F. getreten, die der Bayerische VGH mit Entscheidung vom 26.10.2004 für verfassungswidrig erachtet hatte.

Der Sachverhalt:
Der Antragsteller rügt mit seiner Popularklage, Art. 45 BayBG greife in erheblicher Intensität in das durch Art. 95 Abs. 1 S. 2 Bayerische Verfassung geschützte Lebenszeitprinzip ein. Zum Wesen dieses Prinzips gehöre, dass der Beamte das ihm aktuell übertragene Amt auf Dauer ausüben könne. Die dadurch gewährleistete persönliche Unabhängigkeit solle den Beamten in die Lage versetzen, unsachlicher Beeinflussung zu widerstehen und der Pflicht zur Beratung seiner Vorgesetzten sowie der politischen Führung unbefangen nachzukommen. Das Leistungsprinzip rechtfertige den beanstandeten Eingriff nicht.

Der Bayerische VGH wies den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Art. 45 BayBG ab. Zwei Mitglieder des VGH haben ein Sondervotum abgegeben. Sie halten die Popularklage für begründet.

Die Gründe:
Die Regelung in Art. 45 BayBG, wonach Ämter mit leitender Funktion zunächst nur im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragen werden, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Dauer der Amtsperiode von fünf Jahren ist noch angemessen bestimmt.

Durch die Übertragung von Ämtern mit leitender Funktion zunächst nur im Beamtenverhältnis auf Zeit wird das Lebenszeitprinzip, das zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 95 Abs. 1 S. 2 Bayerische Verfassung) zählt, zwar beeinträchtigt. Es wird aber nicht in seinem Kerngehalt berührt oder tiefgreifend strukturell verändert. Der Beamte erhält mit Ablauf der fünfjährigen Amtsperiode einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Übertragung des Amtes im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, wenn er den Anforderungen des Amtes im Rahmen seiner bisherigen Amtsführung in vollem Umfang genügt hat. Diese Anspruchsvoraussetzung ist gerichtlich unter Berücksichtigung des dem Dienstherrn zustehenden Beurteilungsspielraums anhand der materiellen Ernennungsvoraussetzungen Eignung, Befähigung und Leistung überprüfbar.

Der Gefahr der Ämterpatronage wird damit ausreichend vorgebeugt. Der Beamte, dem eine Führungsposition auf Zeit übertragen wird, verfügt nach der angegriffenen Regelung des Art. 45 BayBG über einen rechtlich deutlich stärker abgesicherten Status als dies unter der Geltung der für nichtig erklärten Vorgängerregelung der Fall war. Die Beeinträchtigung des Lebenszeitprinzips ist durch die mit Art. 45 BayBG verfolgte Stärkung des Leistungsprinzips verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Das in Art. 94 Abs. 2, Art. 116 Bayerische Verfassung verankerte Leistungsprinzip gehört ebenfalls zu den das Berufsbeamtentum bestimmenden hergebrachten Grundsätzen. In sämtlichen von Art. 45 BayBG erfassten Führungsämtern, wie z.B. bei den Amtschefs und Amtschefinnen der Ministerien, werden Entscheidungen von großer Tragweite mit unter Umständen landesweiten, eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern betreffenden Auswirkungen gefordert. Der Gesetzgeber wird durch die Verfassung nicht gehindert, in der Besetzung dieser Führungsämter einen entscheidenden Faktor für die Leistungsfähigkeit, -bereitschaft und Innovationsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung zu sehen und deshalb einen besonderen Leistungsanreiz dadurch zu schaffen, dass sich der Beamte in dem neuen Amt einer endgültigen Ernennung auf Lebenszeit zunächst nicht sicher sein kann.

Mit fünf Jahren ist die Dauer der Amtsperiode noch angemessen bestimmt, um die Eignung des ausgewählten Beamten bei im Lauf der Zeit zwangsläufig wechselnden Anforderungen zu prüfen. Es ist nicht Aufgabe des VGH, die vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umfasste fünfjährige Amtsdauer mit dem Argument infrage zu stellen, dass die Verifizierung der Beförderungsentscheidung auch innerhalb einer kürzeren Frist möglich sein könnte.

Linkhinweis:

Bayerischer VGH PM vom 12.9.2014
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