Zur Steuerbarkeit von Eingliederungszuschüssen
KurzbesprechungEStG § 3 Nr. 2b, § 3c
Streitig war, ob Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auch dann gemäß § 3 Nr. 2b EStG steuerfrei sind, wenn sie Arbeitgebern gewährt werden. Das FA vertrat im Rahmen einer Außenprüfung die Auffassung, dass der Gewinn des Steuerpflichtigen um sämtliche in den Jahren 2007 und 2008 erhaltenen Eingliederungszuschüsse zu erhöhen sei, weil diese Zuschüsse bei Gewährung an den Arbeitgeber nicht nach § 3 Nr. 2b EStG steuerfrei seien.
Im Anschluss an die Schlussbesprechung und den Prüfungsbericht machte der Steuerpflichtige Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen insbesondere unter Hinweis auf seine fehlende Pflicht zur Aufbewahrung der Kontounterlagen sowie auf die Steuerfreiheit der Eingliederungszuschüsse gemäß § 3 Nr. 2b EStG geltend.
Der BFH entschied, dass die vom Steuerpflichtigen im Streitzeitraum vereinnahmten Eingliederungszuschüsse nicht als steuerfreie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch i.S. des § 3 Nr. 2b EStG außer Ansatz zu lassen waren. Ob dies schon deshalb angenommen werden kann, weil der Vorschrift des § 3 Nr. 2b EStG - trotz fehlender ausdrücklicher Differenzierung des Gesetzgebers zwischen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch an Arbeitnehmer und solchen an Arbeitgeber - allein schon wegen des Verweises auf "Leistungen [...] nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch" der Wille des Gesetzgebers hinreichend deutlich zu entnehmen ist, die Steuerfreistellung nur für Leistungen an Arbeitnehmer vorsehen zu wollen, konnte der BFH offen lassen.
Denn selbst bei unterstellter Steuerfreiheit der Zuschüsse kam eine Minderung der Einkommensteuer in den Streitjahren in Höhe der vereinnahmten Zuschusszahlungen nicht in Betracht, weil in dieser Höhe der geltend gemachte Betriebsausgabenabzug für die Löhne an die mit den Zuschüssen geförderten Mitarbeiterinnen nach § 3c Abs. 1 EStG wegen Zusammenhangs der Lohnzahlungen mit steuerfreien Einnahmen zu kürzen war.
Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Ein solcher unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn die Ausgaben und die steuerfreien Einnahmen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind.
Im Streitfall bestand zwischen den Eingliederungszuschüssen einerseits sowie den Lohnzahlungen an die Arbeitnehmerinnen andererseits nicht ein lediglich mittelbarer Zusammenhang,
sondern ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Die Eingliederungszuschüsse sind zwar nicht dazu bestimmt, dem Arbeitgeber jeweils entstehenden Aufwand für die Einkünfteerzielung zu erstatten. Gleichwohl besteht zwischen Eingliederungszuschuss und Lohnzahlung ein unmittelbarer Zusammenhang, weil
- die Arbeitsverwaltung mit den Eingliederungszuschüssen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen anstrebt, einen Ausgleich für die Minderleistungen der vom Arbeitgeber eingestellten - besonders förderungsbedürftigen - Arbeitnehmer zu schaffen;
- der Eingliederungszuschuss mithin die entgeltliche Beschäftigung eines solchen (förderungsbedürftigen) Arbeitnehmers als conditio sine qua non voraussetzt und
- im Streitfall die Höhe des Zuschusses nach dem Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit von der Höhe der jeweiligen arbeitsvertraglich geschuldeten Lohnzahlung abhängig war.
Der BFH entschied weitergehend, dass die Steuerpflicht der streitigen Beträge auch nicht an einem Verwertungsverbot scheiterte. Zwar können Verfahrensverstöße im Rahmen einer Außen- oder Steuerfahndungsprüfung eine Verwertung der im Rahmen jener Verfahren gewonnenen Erkenntnisse im Besteuerungsverfahren ausschließen, wenn die Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden. Fehlt es jedoch - wie im Streitfall - an einem derart schwerwiegenden Verfahrensmangel, insbesondere an einem grundrechtsrelevanten Verstoß einer unmittelbaren Ermittlungsmaßnahme, so ist es bei der gebotenen Abwägung zwischen den Individualinteressen von Steuerpflichtigen, nicht aufgrund verfahrensfehlerhafter Ermittlungsmaßnahmen mit einer materiell-rechtlich an sich zutreffenden Steuer belastet zu werden, und der Pflicht des Staates, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten, gerechtfertigt, eine Fernwirkung eventueller Verwertungsverbote auf spätere, rechtmäßig erlangte Ermittlungsergebnisse zu verneinen.
BFH, Urteil vom 29.8.2017, VIII R 17/13, veröffentlicht am 21.2.2018.