12.11.2012

Zur Verantwortlichkeit des Pkw-Halters bei unberechtigtem Abstellen des Fahrzeugs auf einem fremden Grundstück durch einen Dritten

Überlässt der Halter sein Fahrzeug einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr, ist er Zustandsstörer, wenn es unberechtigt auf einem fremden Grundstück abgestellt wird. Auch nach Beendigung der Störung kann er Schuldner eines Unterlassungsanspruchs sein.

BGH 21.9.2012, V ZR 230/11
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Halter eines Sportwagens. In den Abendstunden des 20.8.2010 war das Fahrzeug für etwa zwei Stunden auf dem durch ein privates Halteverbotsschild gekennzeichneten, von dem Kläger gemieteten Geschäftsgrundstück unbefugt abgestellt. Nach Ermittlung des Fahrzeughalters wandte sich der Kläger an einen Rechtsanwalt. Auf dessen Aufforderung gab der Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, ohne jedoch die geforderte Strafbewehrung zu akzeptieren. Der Beklagte trägt vor, er habe den Sportwagen nicht selbst dort geparkt.

Der Kläger verlangt mit seiner Klage von dem Beklagten, unter Meidung eines Ordnungsgeldes es zu unterlassen, den Sportwagen selbst oder durch eine dritte Person auf seinem Geschäftsgrundstück abzustellen. Darüber hinaus begehrt er die Erstattung der Kosten der Halterermittlung und der vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Das AG wies die Klage ab. Das LG gab ihr unter Zurückweisung der Berufung i.Ü. teilweise statt und verurteilte den Beklagten zur Unterlassung sowie zur Erstattung der Kosten für die Halterermittlung. Der BGH wies die Revision des Beklagten zurück. Auf die Anschlussrevision des Klägers, mit der er die Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten begehrt, hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde, und verwies die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch und ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Halterermittlung zu.

Das LG hat zu Recht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gem. § 862 Abs. 1 S. 2 BGB bejaht. Der Beklagte war gegenüber dem Kläger als Zustandsstörer verantwortlich. Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zurechenbar sein.

Demnach war der Beklagte hinsichtlich der durch das parkende Fahrzeug hervorgerufenen Beeinträchtigung des Besitzes des Klägers Zustandsstörer. Er beherrschte die Quelle der Störung, da er - bei entsprechender Information durch den beeinträchtigten Besitzer - als Halter des Fahrzeugs in der Lage war, das Fahrzeug wegzufahren. Ihm war die Beeinträchtigung auch zuzurechnen. Indem er sein Fahrzeug freiwillig einer anderen Person überlassen hat, hat er das Risiko übernommen, dass sich der Nutzer nicht an die allgemeinen Verhaltensregeln hält und das Fahrzeug unberechtigt auf fremdem Privatgrund abstellt.

Das LG hat auch die Wiederholungsgefahr richtiger Weise bejaht. Die Revision meint zu Unrecht, als Zustandsstörer könne der Beklagte zwar auf Beseitigung einer bestehenden Störung, nicht aber auf künftige Unterlassung in Anspruch genommen werden. Die Verantwortlichkeit des Beklagten als Zustandsstörer ergibt sich nicht allein aus dessen Stellung als Halter des Fahrzeugs. Die Zurechnung der durch das Falschparken hervorgerufenen Besitzbeeinträchtigung beruht vielmehr darauf, dass diese mittelbar auf seinen Willen zurückging, indem er das Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung überlassen hat. Hieran ist auch bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr anzuknüpfen.

Schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsgrundstück des Klägers durch den Beklagten begründet die tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt. Durch die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung hat der Beklagte die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt. Dies kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geschehen. Zu Recht hat das LG einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für die Halterermittlung bejaht.

Die Anschlussrevision des Klägers schließlich hat Erfolg. Die Begründung des LG, mit der es einen Anspruch des Klägers gem. §§ 683, 677, 670 BGB auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Aufforderung an den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ablehnt, hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

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