21.06.2011

Zur Wiedergabe einer im Rahmen einer Pressekonferenz gefallenen Äußerung

Der grundrechtliche Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wirkt nicht nur gegenüber Fehlzitaten, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung (hier: in einer Pressekonferenz). Dies gilt aber nicht, wenn die Äußerung im Gesamtzusammenhang betrachtet gemessen an Wortwahl, Kontext der Gedankenführung und Stoßrichtung die Deutung zulässt, die der ursprüngliche Verfasser ihr beigemessen hatte.

BGH 21.6.2011, VI ZR 262/09
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Buchautorin, Journalistin und ehemalige "Tagesschau"- Sprecherin. Sie hatte im September 2007 auf einer Pressekonferenz das von ihr verfasste Buch "Das Prinzip Arche Noah - warum wir die Familie retten müssen" präsentiert. Gegenüber den anwesenden Journalisten äußerte sie sich wie folgt:

"Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch ´ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er-Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles das - alles was wir an Werten hatten - es war ´ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle - aber es ist eben auch das, was gut war - das sind die Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt - das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben."

In der Ausgabe des "Hamburger Abendblatts" vom 7.9.2007 und auf den Internetseiten der Zeitung erschien ein Artikel, in dem u.a. ausgeführt wurde:

"Das Buch sei wieder ein "Plädoyer für eine neue Familienkultur, die zurückstrahlen kann auf die Gesellschaft", heißt der Klappentext." Die Autorin, "die übrigens in vierter Ehe verheiratet ist, will auch schon festgestellt haben, dass die Frauen "im Begriff sind, aufzuwachen", dass sie Arbeit und Karriere nicht mehr unter dem Aspekt der Selbstverwirklichung betrachten, sondern unter dem der "Existenzsicherung". Und dafür haben sie ja den Mann, der "kraftvoll" zu ihnen steht. In diesem Zusammenhang machte die Autorin einen Schlenker zum Dritten Reich. Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter. Die hätten die 68er abgeschafft, und deshalb habe man nun den gesellschaftlichen Salat. Kurz danach war diese Buchvorstellung Gott sei Dank zu Ende."

Die Klägerin sah sich infolgedessen falsch zitiert und schwerwiegend in ihrem Persönlichkeitsrecht betroffen. Sie nahm die Beklagte auf Unterlassung, Richtigstellung und auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch. LG und OLG gaben der Klage im Wesentlichen statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Klägerin war durch die beanstandete Berichterstattung der Beklagten nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.

Zwar umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht am eigenen Wort und schützt den Einzelnen davor, dass ihm Äußerungen zugeschrieben werden, die er nicht getan hat und die seine Privatsphäre oder den von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen. Der grundrechtliche Schutz wirkt dabei nicht nur gegenüber Fehlzitaten, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung.

Allerdings hatte die Beklagte die Äußerung der Klägerin weder unrichtig noch verfälscht oder entstellt wiedergegeben. Die Äußerung ließ im Gesamtzusammenhang betrachtet gemessen an Wortwahl, Kontext der Gedankenführung und Stoßrichtung nur die Deutung zu, die die Beklagte ihr beigemessen hatte.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 107 vom 21.6.2011
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