15.05.2018

Zurückbehalt wesentlicher Betriebsgrundlage bei Einbringung

Eine nach § 20 UmwStG 2002 begünstigte Buchwerteinbringung setzt voraus, dass auf den übernehmenden Rechtsträger alle Wirtschaftsgüter übertragen werden, die im Einbringungszeitpunkt zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des betreffenden Betriebs gehören.

Kurzbesprechung
Nach § 20 Abs. 1 UmwStG 2002 gelten in dem Fall, dass ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird und der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft erhält (Sacheinlage), für die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens und der neuen Gesellschaftsanteile folgende Regelungen:
  • Nach Maßgabe des §20 Abs. 2 UmwStG 2002 darf die Kapitalgesellschaft das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert ansetzen. Dadurch soll verhindert werden, dass notwendige strukturelle Veränderungen in der Fortführung des unternehmerischen Engagements durch steuerliche Folgen belastet werden.
  • Liegen bezogen auf die vorgenommene Einbringung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 UmwStG 2002 vor, so bestimmten sich die Rechtsfolgen - obwohl die Einbringung einer Sachgesamtheit gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten als tauschähnlicher Vorgang einer Veräußerung i.S. von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vergleichbar ist - nicht nach § 16 EStG.

Der durch die Begründung einer Betriebsaufspaltung in Form des Besitzunternehmens entstandene Betrieb kann Gegenstand einer Einbringung i.S. des Umwandlungssteuergesetzes sein. Die Einbringung eines solchen Betriebs ist dann nach § 20 Abs. 1 UmwStG 2002 steuerlich begünstigt, wenn alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf die übernehmende Kapitalgesellschaft übertragen werden.

Zum notwendigen Betriebsvermögen eines Besitzunternehmens gehören alle Wirtschaftsgüter, die das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft überlässt, denn die Vermietung von Wirtschaftsgütern an die Betriebsgesellschaft prägt die Tätigkeit des Besitzunternehmens. Werden daher dem Besitzunternehmen von einer Eigentümergemeinschaft, an der der Besitzeinzelunternehmer beteiligt ist, Wirtschaftsgüter zur Weitervermietung an die Betriebsgesellschaft überlassen, sind diese in Höhe des Miteigentumsanteils des Besitzeinzelunternehmers als Betriebsvermögen auszuweisen. Vermietet eine Eigentümergemeinschaft, an der der Besitzeinzelunternehmer beteiligt ist, Wirtschaftsgüter an die Betriebs- GmbH, kann dies aus Sicht des Besitzeinzelunternehmers dazu dienen, die Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung daran zu erhalten oder zu erhöhen. In diesem Fall gehört sein Miteigentumsanteil am vermieteten Wirtschaftsgut zum notwendigen Betriebsvermögen seines Besitzeinzelunternehmens (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).

Im entschiedenen Streitfall lag nach den Feststellungen des FG hinsichtlich des Miteigentumsanteils des Besitzeinzelunternehmers an der Grundstücksgemeinschaft notwendiges Betriebsvermögen vor. Es handelte sich auch um eine wesentliche Betriebsgrundlage im Sinne von § 20 UmwStG, da in diesem Rahmen die funktionale Betrachtungsweise maßgebend ist. Als funktional wesentlich sind dabei alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben und mithin für die Fortführung des Betriebs notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben. Ein Grundstück ist für den Betrieb wesentlich, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit bildet und es dem Unternehmen ermöglicht, seinen Geschäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben.

Daher ist grundsätzlich jedes vom Betrieb genutzte Grundstück eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage, es sei denn, es ist im Einzelfall ausnahmsweise nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung für den Betrieb. Die Zuordnung eines Grundstücks zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen scheitert auch nicht daran, dass das Betriebsunternehmen jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Objekt kaufen oder mieten könnte. Gleiches gilt für den Miteigentumsanteil an einer wesentlichen Betriebsgrundlage.

Im Streitfall war die Zurückbehaltung des Miteigentumsanteils an dem von der Betriebs - GmbH genutzten Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen, die somit einer Buchwerteinbringung entgegenstand. Auch lag keine begünstigte Teilbetriebseinbringung vor. Entsprechend war daher die Einbringung des Besitzeinzelunternehmens in die GmbH gegen Gesellschaftsanteile an der übernehmenden Gesellschaft nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 EStG steuerbar.

BFH, Urteil vom 29.11.2017, I R 7/16, veröffentlicht am 14.5.2018

Verlag Dr. Otto Schmidt