Zustellung einer Klage in deutscher Sprache an Facebook/Irland ist wirksam
AG Berlin-Mitte 8.3.2017, 15 C 364/16Der Kläger hatte im Jahr 2008 auf der Internetplattform "facebook.com" einen Account eingerichtet, dessen Zugang ihm das beklagte Unternehmen am 3.7.2016 entzogen haben soll. Vergeblich versuchte der Kläger per E-Mail zu erreichen, dass die Sperrung rückgängig gemacht werde. Dies lehnte die Beklagte mit E-Mail vom 6.7.2016 ab, da sie zu dem Schluss gekommen sei, dass der Kläger "zur Nutzung von Facebook nicht berechtigt" sei. Sie verwies auf ihre im Internet veröffentlichte "Erklärung der Rechte und Pflichten" und fügte hinzu, dass sie leider "aus Sicherheitsgründen keine zusätzlichen Informationen zur Sperrung" geben könne.
Da auch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erfolglos blieb, hat der Kläger Klage erhoben und die Klageschrift nebst Anlagen in deutscher Sprache eingereicht. Die Zustellung dieser Dokumente erfolgte daraufhin am Sitz der Beklagten in Irland, ohne dass die Klageschrift nebst Anlagen zuvor in die englische Sprache übersetzt worden waren. Nach der europäischen Zustellungs-Verordnung darf der Empfänger die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks verweigern, wenn es nicht in der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates oder in einer Sprache, die der Empfänger versteht, verfasst bzw. keine entsprechende Übersetzung beigefügt ist. Insofern berief sich die Beklagte darauf, dass die zuständige Rechtsabteilung die Sprache nicht verstehe und sich bisher nicht gegen die Klage verteidigt hat, da die Klage nach ihrer Auffassung nicht wirksam zugestellt worden sei.
Das AG gab der Klage auf Gewährung uneingeschränkten Zugangs zum Account sowie Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von rund 382 € statt. Die Einspruchsfrist des Versäumnisurteils läuft voraussichtlich gegen Ende April 2017 ab.
Die Gründe:
Der Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten ist begründet aus § 280 BGB.
Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Mitte folgte aus Art 18 Abs.1 EuGVVO. Die Klageschrift wurde auch wirksam zugestellt. Der Zugang der Klageschrift durch Auslandsempfangsbekenntnis ergab sich aus der mit Schriftsatz eines Anwalts für die Beklagte erfolgte Zurückweisung der Klagezustellung mangels Übersetzung in die englische Sprache.
Es war davon auszugehen, dass die Beklagte hinreichend Deutsch versteht. Dabei war nicht auf die Mitglieder der Geschäftsführung abzustellen. Vielmehr mussten die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Organisationsstruktur beachtet werden. Insofern konnte angesichts von 20 Millionen Kunden der Beklagten in Deutschland davon ausgegangen werden, dass Mitarbeiter beschäftigt werden, die in der Lage sind, sich in deutscher Sprache um rechtliche Auseinandersetzungen mit Kunden zu kümmern. Dementsprechend war auch die Beschwerde des Klägers in deutscher Sprache beantwortet worden.
Nach dem Vorbringen des Klägers ist die Beklagte auch verpflichtet, ihm wieder Zugang zu dem von ihr betriebenen Kommunikationsportal zu gewähren.