29.06.2012

Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld an einem herrenlosen Grundstück nicht erforderlich

Zu der Löschung einer Grundschuld an einem herrenlosen Grundstück bedarf es nicht der Zustimmung eines für den Eigentümer handelnden Pflegers. Ebenso wenig ist die Zustimmung des früheren Eigentümers erforderlich.

BGH 10.5.2012, V ZB 36/12
Der Sachverhalt:
Zugunsten der Beteiligten sind an einem Grundstück sechs Grundschulden eingetragen. Die Eigentümerin gab das Eigentum an dem Grundstück durch Verzicht gem. § 928 Abs. 1 BGB auf. Die Beteiligte beantragt die Löschung der in Abteilung III Nr. 1 des Grundbuchs eingetragenen Grundschuld unter Vorlage der Löschungsbewilligung, weil sie aus dem in Abteilung III Nr. 2 eingetragenen Recht die Zwangsversteigerung betreibt.

Das Grundbuchamt wies mit Zwischenverfügung vom 22.3.2011 darauf hin, dass die Löschung die Zustimmung des Eigentümers voraussetze und diese ggf. im Klagewege zu ersetzen sei. Das OLG wies die Beschwerde zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten hob der BGH den Beschluss des OLG und die Zwischenverfügung des AG auf und wies das AG an, den Vollzug des Antrags auf Löschung der in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Grundschuld nicht aus den in der genannten Zwischenverfügung angeführten Gründen zu verweigern, soweit diese auf das Erfordernis einer Zustimmung des Eigentümers bezogen sind.

Die Gründe:
Zu Unrecht hat das OLG angenommen, dass ein Pfleger die Interessen des Eigentümers wahrzunehmen und die Zustimmung zu der Löschung der Grundschuld zu erteilen hat.

Gem. § 27 S. 1 GBO darf eine Grundschuld nur mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks gelöscht werden. Nach dem Wortlaut der Norm bedarf es bei einem herrenlosen Grundstück keiner Zustimmung, weil der Eigentümer im Zeitpunkt der Löschung gemeint ist. Einen solchen gibt es aufgrund der Dereliktion nicht. Eine analoge Anwendung von § 27 S. 1 GBO auf den Sonderfall der Dereliktion scheidet aus, weil es an einer Regelungslücke fehlt und es der Erteilung der Zustimmung durch einen Pfleger nicht bedarf. § 27 S. 1 GBO bezweckt allein den Schutz des Eigentümers. Ihm soll ein durch Zahlungen auf das Grundpfandrecht entstandenes, aus dem Grundbuch nicht ersichtliches Eigentümergrundpfandrecht nicht ohne seine Zustimmung genommen werden können.

Entgegen der Auffassung des OLG schützt die Norm weder den Aneignungsberechtigten als möglichen zukünftigen Eigentümer noch den früheren Eigentümer oder Dritte, die Zahlungen auf die Grundschuld geleistet haben. Das zeigt sich schon daran, dass der Aneignungsberechtigte nach der Aneignung die Zustimmung erteilen kann, ohne auf die Interessen Dritter Rücksicht nehmen zu müssen. Die Einsetzung eines Pflegers wäre sinnlos. Er dürfte bei seiner Entscheidung nur die Interessen des nicht vorhandenen gegenwärtigen Eigentümers wahrnehmen und sich nicht von denjenigen Dritter leiten lassen. Solche Interessen gibt es nicht, weil zugunsten eines nicht vorhandenen Eigentümers kein Eigentümergrundpfandrecht entstehen kann.

Ebenso wenig ergibt sich aus § 19 GBO ein Bewilligungserfordernis für Dritte. Insbes. die frühere Eigentümerin muss auch dann nicht zustimmen, wenn man mit der überwiegenden Ansicht davon ausgeht, dass sich eine durch Zahlung des Eigentümers auf die Grundschuld entstehende Eigentümergrundschuld mit der Eigentumsaufgabe in eine Fremdgrundschuld umwandelt. Ein solches Recht der früheren Eigentümerin hätte das Grundbuchamt nämlich nur dann zu beachten, wenn es für dessen Entstehung Anhaltspunkte gäbe, durch die die Vermutung gem. § 891 Abs. 1 BGB zugunsten der Beteiligten als eingetragener Grundschuldgläubigerin widerlegt wäre. Einen solchen Geschehensablauf hat das OLG nicht festgestellt; für ihn ist auch nichts ersichtlich.

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