04.01.2018

Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht der förmlichen Zustellungen von Postsendungen

Der BFH zweifelt an der Umsatzsteuerpflicht der förmlichen Zustellung von Postsendungen und hat hierzu zwei Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet.

Kurzbesprechung
BFH - Beschluss v. 31.5.2017 - V R 8/16 u. BFH - Beschluss v. 31.5.2017 - V R 30/15

UStG § 4 Nr. 11b

Nach § 4 Nr. 11b UStG sind sog. Post-Universaldienstleistungen umsatzsteuerfrei. Der BFH stellt nun jedoch die Unionsrechtskonformität der Vorschrift in Frage und hat in zwei Verfahren den EuGH angerufen.

Mit der Vorlage im Streitfall V R 8/16 soll geklärt werden, ob es sich bei der förmlichen Zustellung von Schriftstücken nach den Vorschriften der Prozessordnungen und der Gesetze über die Verwaltungszustellung nach § 33 Abs. 1 des Postgesetzes um eine Post-Universaldienstleistung handelt und ob diese Leistung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem als unionsrechtlicher Grundlage von § 4 Nr. 11b UStG steuerfrei ist.

Die Vorlage im Streitfall V R 30/15 bezieht sich auf eine frühere Gesetzesfassung von § 4 Nr. 11b UStG. Die Finanzverwaltung sieht derartige Leistungen allgemein als umsatzsteuerpflichtig an.

Die Umsatzsteuerfreiheit bezieht sich nach der bisher vom BFH vertretenen Rechtsauffassung auf postalische Dienstleistungen, die den grundlegenden Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen und die damit den gesamten Universalpostdienst in einem Mitgliedstaat oder einem Teil davon gewährleisten. Für eine Steuerfreiheit könnte aus Sicht des BFH sprechen, dass förmliche Zustellungen wie im behördlichen Postverkehr der nachprüfbaren Zustellung von amtlichen Schreiben dienen. Sie ermöglichen die nachprüfbare Zustellung von Klage- und Antragsschriften oder die Zustellung von gerichtlichen Entscheidungen, wodurch Rechtsmittelfristen in Lauf gesetzt werden. Förmliche Zustellungen sind unabdingbar für ein geordnetes Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren und tragen damit zu einer verlässlichen und ordnungsgemäßen Rechtspflege bei.

BFH, Beschluss vom 31.5.2017, V R 8/16,
BFH, Beschluss vom 31.5.2017, V R 30/15, jeweils veröffentlicht am 3.1.2018.

Verlag Dr. Otto Schmidt