24.04.2015

Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes ist wirksam

Das LAG Berlin-Brandenburg hat festgestellt, dass das BMAS die Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes aus den Jahren 2008 und 2010 wirksam für allgemeinverbindlich erklärt hat. Daher müssen auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber der Branche Beiträge an die Sozialkassen des Baugewerbes zahlen. Die Entscheidung ist ein Novum, da bis zu einer Gesetzesänderung im letzten Jahr nicht die Landesarbeitsgerichte, sondern die Verwaltungsgerichte für die Überprüfung von Allgemeinverbindlicherklärungen zuständig waren.

LAG Berlin-Brandenburg 17.4.2015, 2 BVL 5001/14 u. 2 BVL 5002/14
+++ Der Sachverhalt:
Die Sozialkassentarifverträge im Baugewerbe verpflichten die tarifgebundenen Arbeitgeber, Beiträge an die Sozialkassen des Baugewerbes zu zahlen. Die Tarifverträge werden von der zuständigen Behörde gem. § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt. Folge ist eine Tarifbindung auch der zuvor nicht tarifgebundenen Arbeitgeber, d.h., ein Arbeitgeber muss auch dann Sozialkassenbeiträge zahlen, wenn er nicht Mitglied in dem Arbeitgeberverband ist.

Das LAG Berlin-Brandenburg hatte in zwei Verfahren zu entscheiden, ob die Allgemeinverbindlicherklärungen der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes aus den Jahren 2008 und 2010 wirksam waren. Es traf die begehrte Feststellung, ließ allerdings für die unterlegenen zuvor nicht tarifgebundenen Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverbände die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zu.

+++ Die Gründe:
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) durfte die Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes aus den Jahren 2008 und 2010 für allgemeinverbindlich erklären. Voraussetzung hierfür war gem. § 5 TVG in der bis zum 15.8.2014 geltenden Fassung:

  • ein Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss,
  • dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 Prozent der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und
  • dass die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint.

Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Nach den vom BMAS zugrunde gelegten Zahlen war das 50%-Quorum des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TVG erfüllt. Darüber hinaus besteht auch ein öffentliches Interesse i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TVG.

+++ Der Hintergrund:
Die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung ist erst seit dem 16.8.2014 in erster Instanz von den Landesarbeitsgerichten zu überprüfen; zuvor war der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. Die Neuregelung ist Teil des Tarifautonomiestärkungsgesetzes. Das enthielt neben dem Mindestlohngesetz (MiLoG) und weiteren Regelungen auch zahlreiche Änderungen im ArbGG.

+++ Mehr zum Thema:
Lesen Sie in der Datenbank des Arbeits-Rechtsberaters unter www.arbrb.de einen Aufsatz zum Thema "Die Änderungen im ArbGG durch das sog. Tarifautonomiestärkungsgesetz - Neue Zuständigkeitsbereiche für die Arbeitsgerichtsbarkeit", ArbRB 2014, 385 (Tiedemann). (Bitte loggen Sie sich zunächst in die Datenbank ein und klicken dann auf den Link.)

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LAG Berlin-Brandenburg PM Nr. 10/2015 v. 20.4.2015
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