07.09.2012

Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes riskieren bei außerdienstlichen Aktivitäten für die NPD eine Kündigung

Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes müssen ein bestimmtes Maß an Verfassungstreue aufbringen. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt zwar die bloße Mitgliedschaft in bzw. Aktivitäten für die NPD oder deren Jugendorganisation (JN) noch nicht generell eine Kündigung. Selbst Beschäftigte, die keiner "gesteigerten", beamtenähnlichen Loyalitätspflicht unterliegen, dürfen den Staat oder die Verfassung und deren Organe aber nicht beseitigen wollen, beschimpfen oder verächtlich machen.

BAG 6.9.2012, 2 AZR 372/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 2003 in der Finanzverwaltung des beklagten Landes tätig. Seine Aufgaben bestanden in der Planung, Steuerung und Überwachung von Druckaufträgen in einem Versandzentrum. Dabei hatte er Zugriff auf personenbezogene, dem Steuergeheimnis unterliegende Daten der Steuerpflichtigen.

Bei seiner Einstellung unterzeichnete der Kläger, der Mitglied der NPD ist, eine vorformulierte Erklärung zur Verfassungstreue. In seiner Freizeit verschickt er für die NPD einen Newsletter, der in einer Ausgabe aus 2009 einen Aufruf zur Teilnahme an einer Demonstration enthielt. Hierin hieß es:

"17. Juni - Ein Volk steht auf und kämpft sich frei - Zeit einen neuen Aufstand zu wagen!". Auch die "BRD" könnte "Angst davor haben", das Volk könne sich eines Tages erneut "gegen den Alles über Alles raffenden und volksverratenden Staat erheben". Falls "die bürgerliche Revolution" erfolgreich wäre, könne es "gut möglich" erscheinen, dass "diesmal ... Tode nicht bei den Demonstranten, sondern bei den etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen (wären). - Dem Volk wär´s recht (...) Hoffen wir mal, die nächste Revolution verläuft erfolgreicher. In diesem Sinne: Volk steh auf, kämpf dich frei!".

Das Land kündigte dem Kläger wegen dieser Aktivitäten ordentlich aus personenbedingten Gründen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das beklagte Land hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wirksam gekündigt.

Zwar stehen die Mitgliedschaft in und Aktivitäten für die NPD oder ihre Jugendorganisation regelmäßig nicht schon als solche einer Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst entgegen. Das gilt selbst dann, wenn man die Verfassungsfeindlichkeit der Organisationen - nicht ihre nur vom Bundesverfassungsgericht festzustellende Verfassungswidrigkeit - unterstellt.

Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes müssen aber ein  bestimmtes Maß an Verfassungstreue aufbringen. Welchen Anforderungen sie insoweit unterliegen, richtet sich grds. nach ihrer vertraglich geschuldeten Tätigkeit und der Aufgabenstellung des Arbeitgebers. Allerdings dürfen auch Beschäftigte, die keiner "gesteigerten", beamtenähnlichen Loyalitätspflicht unterliegen, den Staat oder die Verfassung und deren Organe nicht beseitigen wollen, beschimpfen oder verächtlich machen. Selbst diesbezügliche außerdienstliche Aktivitäten können eine Kündigung rechtfertigen - und zwar auch dann, wenn das Verhalten nicht strafbar ist.

Danach war im Streitfall eine Kündigung gerechtfertigt. Die Äußerungen in dem Newsletter können nur dahingehend verstanden werden, dass die Verfasser für einen gewaltsamen Umsturz eintreten. Der Kläger hat sich den Inhalt des Aufrufs zumindest dadurch zu eigen gemacht, dass er ihn weiterverbreitete. Hierdurch hat er deutlich gemacht, dass er das auch ihm abzuverlangende Mindestmaß an Verfassungstreue nicht aufbringt. Die Kündigung ist daher jedenfalls aus Gründen in seiner Person gerechtfertigt. Grundrechtlich geschützte Rechtspositionen etwa aus Art. 5 GG und Art. 12 GG stehen dem nicht entgegen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.
BAG PM Nr. 64 vom 6.9.2012
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