19.08.2015

Arbeitnehmer haben bei einem rückwirkend begründeten Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn

Wird rückwirkend ein Arbeitsverhältnis begründet (hier: im Wege der gerichtlichen Durchsetzung eines Rückkehrrechts nach einem Betriebsübergang), so kann der Arbeitnehmer keinen Annahmeverzugslohn für den vergangenen Zeitraum verlangen. Denn ein solcher Anspruch setzt ein erfüllbares und damit tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Hieran fehlt es bei rückwirkender Begründung eines Arbeitsverhältnisses für den vergangenen Zeitraum.

BAG 19.8.2015, 5 AZR 975/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war bis Ende 1986 bei der Beklagten beschäftigt. Dann ging das Arbeitsverhältnis auf einen Dritten über. Die Beklagte hatte der Klägerin im Zusammenhang mit diesem Betriebsübergang ein Rückkehrrecht zugesagt.

Im Herbst 2009 wurde über das Vermögen des neuen Arbeitgebers der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet; der Klägerin wurde wegen Betriebsstilllegung zum 31.1.2010 gekündigt. Diese machte daraufhin gegenüber der Beklagten ihr Rückkehrrecht geltend. Die Beklagte lehnte den Abschluss eines Arbeitsvertrags mit der Klägerin unter Berufung auf ein Urteil des BAG vom 19.10.2005 (Az.: 7 AZR 32/05) in einem nach ihrer Auffassung vergleichbaren Fall ab. Mit dieser Argumentation hatte sie vor dem LAG keinen Erfolg und wurde rechtskräftig verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab dem 1.2.2010 anzunehmen.

Im vorliegenden Verfahren begehrte die Klägerin die Zahlung von Annahmeverzugslohn ab dem 1.2.2010. Arbeitsgericht und LAG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob das BAG die Entscheidungen auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts für die Zeit ab dem 1.2.2010. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Der Anspruch auf Annahmeverzugslohn setzt nämlich ein  tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Ein rückwirkend begründetes Arbeitsverhältnis ist aber für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nicht tatsächlich durchführbar.

Die Beklagte schuldet die Vergütung auch nicht nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB, weil sie die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung für die Vergangenheit nicht zu verantworten hat. Die Beklagte befand sich mit ihrer Vorstellung, dass sie nach dem BAG-Urteil vom 19.10.2005 (Az.: 7 AZR 32/05) nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags verpflichtet sei, in einem entschuldbaren Rechtsirrtum.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 42/15 vom 19.8.2015
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