13.11.2012

Arbeitszeitvorgaben des Entleihers rechtfertigen nicht die Ablehnung einer Arbeitszeitverringerung

Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerüberlassung betreibt, kann den Wunsch eines Arbeitnehmers auf Arbeitszeitverringerung nicht mit der Begründung ablehnen, der Entleiher gebe eine bestimmte Mindestwochenarbeitszeit vor. Der Arbeitgeber muss vielmehr darlegen und ggf. beweisen, dass er den Arbeitnehmer nicht mit der verringerten Stundenzahl auf einem anderen Arbeitsplatz - im eigenen Unternehmen oder bei einem anderen Entleiher - einsetzen kann.

BAG 13.11.2012, 9 AZR 259/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit 1995 im Luftfahrtunternehmen der Beklagten mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 18 Wochenstunden beschäftigt. Die Beklagte darf ihm sämtliche Tätigkeiten im "Basic Service 2" zuweisen. Zu diesen gehört neben dem Betreuungsdienst, dem der Kläger zugeordnet ist, eine Vielzahl anderer Tätigkeiten.

2008 lagerte die Beklagte ihren Betreuungsdienst auf einen externen Dienstleister aus und überließ diesem u.a. den Kläger auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags. Später verpflichtete sich die Beklagte gegenüber dem Entleiher, ausschließlich Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden zu überlassen.

Der Kläger verlangte von der Beklagten, seine regelmäßige Wochenarbeitszeit auf zehn Stunden zu reduzieren. Betriebliche Gründe stünden dem nicht entgegen. Wenn der Entleiher ausschließlich Arbeitnehmer mit mindestens 18 Wochenarbeitsstunden beschäftigen wolle, habe die Beklagte den Kläger gar nicht erst verleihen dürfen, weil er seine Arbeitszeit schon ab 2007 habe reduzieren wollen. Die Beklagte versuche, durch Vorgaben des Entleihers das TzBfG "auszuhebeln".

Die Beklagte berief sich dagegen auf die Arbeitszeitvorgaben des Entleihers. Beim drittbezogenen Personaleinsatz in Form von Arbeitnehmerüberlassung ohne eigenes betriebsbezogenes Organisationskonzept könnten betriebliche Gründe i.S.v. § 8 Abs. 4 TzBfG auch in der vertraglichen Beziehung zum Entleiher begründet sein.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt; das LAG wies sie ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagte muss dem Verringerungswunsch des Klägers entsprechen.

Der Anspruch des Klägers auf Arbeitszeitreduzierung ergibt sich aus § 8 Abs. 1 TzBfG. Hiernach können Arbeitnehmer in einem Betrieb, in dem in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden, und deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, verlangen, dass ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen (§ 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG). Diese hat er darzulegen und ggf. nachzuweisen.

Der gesetzliche Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit steht auch Arbeitnehmern zu, die bereits in Teilzeit arbeiten.

Im Streitfall hat die Beklagte nicht dargelegt, dass betriebliche Gründe der Arbeitszeitreduzierung entgegenstehen. Die Arbeitszeitbestimmungen des Überlassungsvertrags berechtigten sie nicht, den Verringerungswunsch abzulehnen. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Teilzeitverlangen bei allen vertraglich möglichen Einsätzen betriebliche Gründe entgegenstehen. Zu der Möglichkeit, den Kläger - ggf. im Wege eines Ringtausches - auf einem anderen Arbeitsplatz in ihrem Luftfahrtunternehmen einzusetzen, hat die insoweit darlegungsbelastete Beklagte nichts vorgetragen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
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BAG PM Nr. 77 vom 13.11.2012
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