08.01.2016

Ärzte dürfen nicht 24 Stunden und länger am Stück arbeiten

Der EuGH hat im Rahmen eines von der Kommission angestrengten Vertragsverletzungsverfahrens festgestellt, dass Griechenland insoweit gegen die Arbeitszeit-Richtlinie der EU (RL 2003/88/EG) verstößt, als dass das Land nicht ausschließt, dass Ärzte 24 Stunden oder länger am Stück arbeiten können. Zudem habe Griechenland die Wochenarbeitszeit nicht auf höchstens 48 Stunden begrenzt; das Land gewährleiste auch keine hinreichenden täglichen Mindestruhe- oder Ausgleichsruhezeiten.

EuGH 23.12.2015, C-180/14
Der Sachverhalt:
Zehn griechische Ärzte-Verbände hatten wegen der langen Arbeitszeiten in griechischen Krankenhäusern eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Sie hatten vorgetragen, dass Ärzte nach den nationalen Rechtsvorschriften gezwungen seien, im Durchschnitt 60 bis 93 Stunden pro Woche zu arbeiten. Sie seien zudem verpflichtet, regelmäßig bis zu 32 Stunden an einem Stück an ihrem Arbeitsplatz zu arbeiten, ohne dass ihnen tägliche oder wöchentliche Mindestruhezeiten oder gleichwertige Ausgleichsruhezeiten gewährt würden.

Die Kommission erhob daraufhin eine Vertragsverletzungsklage gegen Griechenland. Das Land habe gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen, indem es keine Wochenarbeitszeit von höchstens 48 Stunden vorgesehen und/oder angewandt habe und indem es weder tägliche und wöchentliche Mindestruhezeiten noch eine Ausgleichsruhezeit, die sich unmittelbar an die auszugleichende Arbeitszeit anschließe, eingeführt habe. Der EuGH gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die griechischen Arbeitszeitregelungen verstoßen in mehrfacher Hinsicht gegen die Arbeitszeit-Richtlinie der EU (RL 2003/88/EG). Sie gewährleisten weder eine Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden noch hinreichende Ruhezeiten.

Bei griechischen Krankenhaus-Ärzten kommen die aktiven Bereitschaftszeiten sowie die Rufbereitschaftszeiten, die tatsächlich im Krankenhaus verbracht werden, um medizinische Dienstleistungen zu erbringen, zu den 35 Stunden der normalen Arbeitswoche hinzu. Zwar sind formal Höchstgrenzen für die Wochenarbeitszeit vorgesehen; gleichzeitig ist aber geregelt, dass Ärzte mehrere Rufbereitschaftsdienste pro Monat ableisten müssen. Ferner darf ohne eine Höchstgrenze Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdiensten angeordnet werden. Das alles führt dazu, dass die Grenze von 48 Arbeitsstunden pro Woche regelmäßig überschritten wird.

Es werden auch keine ausreichenden Ruhezeiten gewährleistet. Wenn sich an einen normalen Dienst unmittelbar eine Bereitschaft anschließt, kann es nach griechischem Recht vorkommen, dass ein Arzt über 24 Stunden hinaus und sogar bis zu 32 Stunden am Stück arbeitet, und zwar dann, wenn unmittelbar nach der Bereitschaft ein neuer normaler Dienst beginnt. Die im Gegenzug gewährten Ruhezeiten gleichen diese Belastung nicht aus. Denn sie müssen nicht in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der verlängerten Arbeitszeit stehen, sondern können um bis zu einer Woche nach dem Tag des Bereitschaftsdienstes verschoben werden.

Der Hintergrund:
Nach der Arbeitszeit-Richtlinie darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit nicht über 48 Stunden hinausgehen. Außerdem stehen jedem Arbeitnehmer pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden und pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden zu.

Linkhinweis:
Für die Pressemitteilung des EuGH klicken Sie bitte hier (PDF-Datei).

EuGH PM Nr. 152/15 vom 23.12.2015
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