14.02.2013

Auch für Arbeitnehmer gilt: Ohne Abmahnung keine fristlose (Eigen-)Kündigung

Auch eine fristlose Eigenkündigung des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) wegen Vertragsverletzung des Arbeitgebers setzt in aller Regel dessen vorherige vergebliche Abmahnung voraus. Das ergibt sich aus § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Abmahnung ist selbst bei monatelanger Heranziehung zu Überstunden in einem Umfang, der die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes überschreitet, nicht ohne weiteres entbehrlich.

ArbG Berlin 4.1.2013, 28 Ca 16836/12
Der Sachverhalt:
Der beklagte Arbeitnehmer war bei der klagenden Arbeitgeberin als Finanzbuchhalter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis konnte ausweislich des Arbeitsvertrags mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Am 30.10.2012 teilte der Arbeitnehmer dem Vorstand der Beklagten mit, dass er mit sofortiger Wirkung aus der Firma austreten wolle. Sein neuer Arbeitgeber sei auch bereit, für die nächsten drei Monate eine Zeitarbeitskraft zu seiner Vertretung zu finanzieren. Weiter hieß es in dem Schreiben:

"Ich persönlich kann nicht verstehen warum S. mich zwingend im Unternehmen halten möchte. Sie weiß, dass ich das Arbeitspensum im laufenden Jahr nur durch - inzwischen etwa 750 (!) - Überstunden leisten konnte. Darüber hinaus habe ich sowohl in Krankheit gearbeitet, als auch die Krankheitsfälle meiner Kinder durch meine Frau abfangen lassen."

Als die Arbeitgeberin sich weigerte, den Arbeitnehmer freizustellen, erklärte dieser am 31.10.2012 die fristlose und hilfsweise die fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die gegen die fristlose Kündigung gerichtete Klage der Arbeitgeberin hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg.

Die Gründe:
Der Arbeitnehmer hat das Arbeitsverhältnis nicht wirksam außerordentlich gekündigt. Die geltend gemachte monatelange Heranziehung zu Überstunden in einem Umfang, der die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes überschreitet, kann zwar an sich geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmer hätte das vertragswidrige Verhalten der Arbeitgeberin vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung aber abmahnen müssen.

Das Abmahnerfordernis ergibt sich aus dem im Rahmen der Schuldrechtsnovelle des Jahres 2002 in § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB kodifizierten Gebot, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund grds. erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist. Dem entspricht, dass die Arbeitsgerichte bereits seit Jahrzehnten darauf bestehen, dass auch der fristlosen Eigenkündigung des Arbeitnehmers eine vergebliche Abmahnung vorauszugehen hat.

Eine solche Abmahnung hat der Arbeitnehmer nicht ausgesprochen. Sie ist insbesondere nicht in dem Schreiben an den Vorstand vom 30.10.2012 zu sehen. Der Arbeitnehmer hat nicht einmal ansatzweise aufgezeigt, dass er die Arbeitgeberin vor seinem Rückzug konkret dazu angehalten hätte, die Grenzen seiner Belastbarkeit im Interesse der Aufrechterhaltung der Arbeitsbeziehung (endlich) zu respektieren und keine weiteren Überstunden mehr anzuordnen. Damit hat er seiner Arbeitgeberin schon keine Gelegenheit gegeben, den Mangel abzustellen.

Mehr zum Thema:
Lesen Sie im nächsten Heft des Arbeits-Rechts-Beraters (Heft 2/2013), das am 20.2.2013 erscheinen wird, einen Aufsatz zum Thema "Emmely ist überall - Voraussetzungen einer Eigenkündigung", ArbRB 2013, 58 (Kleinebrink). Der Beitrag wird in Heft 3/2013 mit einem Aufsatz zu den Reaktions- und Abwehrmöglichkeiten, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Eigenkündigung haben, fortgesetzt.

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juris
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