02.12.2014

Auch vermeintlich "freie" Intensivpfleger sind Arbeitnehmer und damit sozialversicherungspflichtig

Setzt eine Klinik bei Belastungsspitzen im Pflegebereich vermeintlich auf selbständiger Basis arbeitende Intensivpflegekräfte ein, so handelt es sich hierbei in Wahrheit um Arbeitnehmer, für die das Krankenhaus Sozialversicherungsbeiträge entrichten muss. Denn die Intensivpflegekräfte sind vollständig in die organisatorischen Abläufe der jeweiligen Intensivstation eingegliedert. Sie unterliegen in allen entscheidenden Punkten ärztlichen Vorgaben, so dass nicht genügend Raum für eine weisungsfreie Tätigkeit besteht.

LSG NRW 26.11.2014, L 8 R 573/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Intensivkrankenpfleger. Er ist nicht in einem Krankenhaus fest angestellt, sondern wird auf der Basis von sog. Dienstleistungsverträgen jeweils befristet in den Intensivstationen verschiedener Krankenhäuser tätig. Er hatte bei der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund erfolglos die Feststellung beantragt, dass er diese Arbeit als Selbständiger verrichte und daher nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung unterliege.

Mit seiner gegen die ablehnende Entscheidung gerichteten Klage machte der Kläger - übereinstimmend mit der zum Verfahren beigeladenen Klinik - geltend, er könne sich die Patienten, die er auf der Intensivstation pflege, unabhängig von der ärztlichen Leitung, der Pflegedienst- oder der Stationsleitung selbst aussuchen und unterliege auch sonst in geringerem Maße als angestellte Pflegekräfte ärztlichen Weisungen. Er halte sich zudem bei seiner Arbeit nicht an die individuellen Qualitätsstandards der Klinik, sondern an Nationale Expertenstandards.

Das SG gab der Klage statt; das LSG wies sie ab und ließ auch nicht die Revision zum BSG zu.

Die Gründe:
Der Kläger ist nicht als Selbständiger, sondern als Arbeitnehmer in den jeweiligen Krankenhäusern und Kliniken tätig. Er unterliegt daher der Sozialversicherungspflicht.

Ausschlaggebend hierfür ist die vollständige Eingliederung des Klägers in die organisatorischen Abläufe der Intensivstation. Diese sind am Wohl der schwerstkranken Patienten orientiert und unterliegen daher in allen entscheidenden Punkten ärztlichen Vorgaben. Die in diesem engen Rahmen möglicherweise gegenüber angestellten Pflegekräften etwas größeren Freiheiten des Klägers reichen nicht aus, um von einer weitgehenden Weisungsfreiheit auszugehen, wie sie für einen selbständigen Unternehmer typisch ist. Der Kläger trägt auch kein unternehmertypisches wirtschaftliches Risiko, da er nach geleisteten Stunden bezahlt wird.

Der Hintergrund:
Immer häufiger werden in deutschen Krankenhäusern Belastungsspitzen im Pflegebereich durch den Einsatz vermeintlich "freier" Pflegekräfte aufgefangen. Die Entscheidung betrifft daher bundesweit eine große Zahl von Fällen.

LSG NRW PM vom 29.11.2014
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