05.11.2015

Aufsichtsratswahl: Leiharbeitnehmer können für Schwellenwert nach § 9 MitbestG mitzählen

Leiharbeitnehmer sind bei der Bestimmung des nach § 9 MitbestG für die Aufsichtsratswahl maßgeblichen Schwellenwertes, ab dessen Erreichen die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer grds. nicht mehr als unmittelbare Wahl, sondern als Delegiertenwahl durchzuführen ist, zu berücksichtigen. Sie zählen bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl mit. Dies gilt jedenfalls für wahlberechtigte Leiharbeitnehmer auf Stammplätzen.

BAG 4.11.2015, 7 ABR 42/13
Der Sachverhalt:
Im Rahmen einer anstehenden Aufsichtsratswahl berechnete der Hauptwahlvorstand eines Unternehmens die Gesamtbeschäftigtenzahl unter Einbeziehung der im Betrieb eingesetzten wahlberechtigten Leiharbeitnehmer auf Stammplätzen. Durch die Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer wurde der Schwellenwert des § 9 Abs. 1 MitbestG überschritten. Dementsprechend beschloss der Hauptwahlvorstand, die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer als Delegiertenwahl durchzuführen.

Hiergegen wandten sich 14 Arbeitnehmer des betroffenen Unternehmens. Mit ihrem Antrag wollten sie den Hauptwahlvorstand verpflichten lassen, eine unmittelbare Wahl ihrer Aufsichtsratsmitglieder abzuhalten. Zur Begründung führten sie aus, dass Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 MitbestG nicht mitzählten. Der Antrag blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ist gem. § 9 Abs. 1 MitbestG als Delegiertenwahl durchzuführen. Nach dieser Vorschrift werden die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer eines Unternehmens mit in der Regel mehr als 8.000 Arbeitnehmern durch Delegierte gewählt, sofern nicht die wahlberechtigten Arbeitnehmer die unmittelbare Wahl beschließen.

Ob Leiharbeitnehmer "Arbeitnehmer" i.S.d. MitbestG sind, lässt sich dem Gesetz selbst nicht entnehmen. Dieses verweist lediglich in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MitbestG auf den betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff des § 5 Abs. 1 BetrVG. Nach der neueren Rechtsprechung des 7. Senats (BAG Beschl. v. 13.3.2013 - 7 ABR 69/11) hängt die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs insbesondere von einer normzweckorientierten Auslegung des jeweiligen gesetzlichen Schwellenwertes ab.

Diese Rechtsprechung ist dahingehend fortzuführen, dass für die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 MitbestG jedenfalls wahlberechtigte Leiharbeitnehmer auf Stammarbeitsplätzen mitzuzählen sind.

Ob Leiharbeitnehmer auch bei anderen Schwellenwerten zu berücksichtigen sind, kann offen gelassen werden.

Linkhinweise:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung klicken Sie bitte hier. Den Beschluss des BAG vom 13.3.2013 finden Sie hier.

BAG PM Nr. 52/15 vom 4.11.2015
Zurück