01.03.2021

BAG-Jahresbilanz: 2020 kürzeste Verfahrensdauer seit 16 Jahren

Die durchschnittliche Verfahrensdauer der erledigten Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich im Jahre 2020 auf sechs Monate und neun Tage verkürzt. Das ist der niedrigste Stand seit dem Jahre 2004. Hierauf hat die Präsidentin des BAG Ingrid Schmidt auf der Jahrespressekonferenz des Gerichts am 25.2.2021 hingewiesen. Ein Grund sowohl hierfür als auch für die deutlichen Rückgänge bei den Eingängen um rund 17 Prozent (2020: 2.041 Sachen im Vergleich zu 2.472 Sachen in 2019) sei die Corona-Pandemie gewesen, so Schmidt.

Leicht gesunkene Erfolgsquote bei Revisionen und Rechtsbeschwerden

Von den erledigten Revisionen und Rechtsbeschwerden hatten 2020 rund 15,6 Prozent Erfolg, während im Vorjahr die Erfolgsquote noch bei 29,15 Prozent lag. Im Jahr 2020 waren zudem 96 Nichtzulassungsbeschwerden (entspricht 7,27 Prozent) erfolgreich. Im Vorjahr waren es lediglich 60 Beschwerden (4,0 Prozent).

Rück- und Ausblick auf die wichtigsten Entscheidungen in 2020 und 2021

Besonders wichtig in 2020 waren aus Sicht der BAG-Präsidentin Ingrid Schmidt die sog. Crowdworker-Entscheidung, die Entscheidung zur Entgeltdiskriminierung von arbeitnehmerähnlichen Personen sowie die Verfahren rund um die Massenentlassung bei Air-Berlin. Sie hat zudem auf mögliche Rechtsprechungs-Highlights in 2021 hingewiesen. Zu erwarten seien insbesondere Entscheidungen

  • zum datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach Maßgabe der DSGVO,
  • zur arbeitszeitrechtlichen Berücksichtigung von Umkleide- und Wegezeiten,
  • zur Vergütung der häuslichen 24-Stundenpflege,
  • zu betriebsbedingten Kündigungen in der Automobilzuliefererindustrie,
  • zu tariflichen Nachtarbeitszuschlägen,
  • zum Kopftuchverbot am Arbeitsplatz und
  • zur Mehrfachverwertung von Arbeitsergebnissen bei Redakteuren (Termin: 15.7.2021).

Videoverhandlungen und elektronische Akten am BAG

Videoverhandlungen sind beim BAG derzeit nicht geplant. Eine reine Online-Verhandlung scheitere daran, dass die ehrenamtlichen Richter zwar zur Verhandlung digital zugeschaltet werden könnten, aber nicht zur Beratung; die müsse in Anwesenheit der ehrenamtlichen Richter erfolgen, so Schmidt. Ein sog. "hybrides" Format, bei dem nur ein oder mehrere anwaltliche Vertreter zugeschaltet würden, sei hingegen grds. denkbar, werde aktuell allerdings kaum nachgefragt. Die Präsidentin des BAG geht aber davon aus, dass der Zivilprozess der Zukunft "hybrid" sein wird, wenn der Gesetzgeber die hierfür notwendigen Anpassungen vornimmt.

Schon etwas weiter ist das BAG beim elektronischen Rechtsverkehr. Der wird gerade in zwei Senaten (im Vierten und Zehnten Senat) erprobt; voraussichtlich ab Juli soll in diesen Senaten komplett auf die elektronische Akte umgestellt werden.

Mehr zum Thema:
Für den auf den Webseiten des BAG veröffentlichten vollständigen Jahresbericht, der auch eine Zusammenfassung der Entscheidungen enthält, die nach Einschätzung des BAG für die arbeitsrechtliche Praxis besonders bedeutsam sind, klicken Sie bitte hier (PDF-Datei - 82 Seiten).

Mit der Rechtsprechung in 2020 befasst sich auch eine XXL-Episode unseres Arbeitsrecht-Podcast: "Tops & Flops der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung der letzten Monate". Hören Sie doch einmal rein!

ArbRB-Redaktion v. 26.2.2021
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