03.11.2015

Beschäftigte in Behinderten-Werkstätten sind grds. keine Arbeitnehmer - Kein Mindestlohnanspruch

Schwerbehinderte Menschen, die in entsprechenden Werkstätten tätig sind, fallen grds. nicht unter das MiLoG. Da in derartigen Rechtsverhältnissen kein Austauschverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt besteht, ist der persönliche Anwendungsbereich des MiLoG nicht eröffnet.

Arbeitsgericht Kiel 19.6.2015, 2 Ca 165 a/15
Der Sachverhalt:
Der schwerbehinderte Kläger ist in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig. Sein monatlicher Nettolohn beträgt 216,75 Euro; dies entspricht einem Stundenlohn von 1,49 Euro.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger eine höhere Vergütung. Er sei Arbeitnehmer und habe folglich einen Anspruch auf Mindestlohn i.S.v. § 1 MiLoG. Das beklagte Hilfswerk machte dagegen geltend, dass lediglich ein arbeitnehmerähnliches Vertragsverhältnis bestehe und sich der Anspruch des Klägers nach § 138 Abs. 2 SGB IX bestimme. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 1 Abs. 1 MiLoG auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns, da er kein Arbeitnehmer i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG ist.

Der Arbeitnehmerbegriff setzt ein Austauschverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt voraus. In Werkstattverhältnissen steht jedoch die soziale Betreuung der Beschäftigten im Vordergrund, die auch für die Berechnung einer angemessenen Vergütung entscheidend ist. Es besteht vielmehr ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis i.S.v. § 138 SGB IX, das jedoch nicht unter das MiLoG fällt. Die eigenständige Vergütungsregelung des § 138 Abs. 2 SGB IX für in Werkstätten tätige behinderte Menschen beinhaltet eine spezielle Regelung und liefe sonst leer.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch gem. § 612 Abs. 2 BGB zu, da die Parteien eine Vergütungsvereinbarung auf der Grundlage des hier einschlägigen § 138 Abs. 2 SGB IX getroffen haben.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten der Justiz Schleswig-Holstein veröffentlicht.

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