10.07.2015

Betriebsversammlungen können in speziellen Fällen als Arbeitskampf angesehen werden

Verlegt ein Betriebsrat eine Teilbetriebsversammlung in einem Paketzentrum nach einem entsprechenden Aufruf von ver.di ohne nachvollziehbaren Grund auf einen bundeseinheitlichen Termin mit Spitzenarbeitsaufkommen, ist das eine Arbeitskampfmaßnahme. Der Arbeitgeber darf dann andere Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats zur Arbeit heranziehen.

ArbG Kiel 27.5.2015, 1 BV 1b/15
Der Sachverhalt:
Der regionale Betriebsrat eines Paketzentrums hatte ursprünglich eine Teilbetriebsversammlung am 27.10.2014 um 14:30 Uhr für 1,5 Stunden angesetzt. Ver.di rief bundesweit hingegen zu dreistündigen Betriebsversammlungen in den Paketzentren der Post am 5.12.2014 in der Hauptbearbeitungszeit ab 18:00 Uhr auf. Daraufhin verlegte der Betriebsrat die Teilbetriebsversammlung entsprechend und stimmte weder der Ableistung von Überstunden noch dem Einsatz von Ersatzkräften zu.

Der Arbeitgeber setzte gleichwohl zahlreiche Verwaltungsbeschäftigte ein. Der Betriebsrat hielt dies wiederum für eine grobe Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten und beantragte beim ArbG, dem Arbeitgeber für die Zukunft ein derartiges Vorgehen zu untersagen.

Das ArbG wies den Antrag ab. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Arbeitgeber war im vorliegenden Fall nicht dazu verpflichtet, Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zu beachten. Ein solches ist nämlich dann eingeschränkt, wenn es unmittelbar die Freiheit des Arbeitgebers beeinträchtigt, den Folgen eines Arbeitskampfes zu begegnen. Bei der ohne plausiblen Grund auf die Hauptbelastungszeit verlegten Teilbetriebsversammlung handelt es sich um eine solche Arbeitskampfmaßnahme.

Die Betriebsversammlung ist zwar grundsätzlich zulässig, wurde hier aber vom Betriebsrat zum Zwecke des Arbeitskampfs instrumentalisiert. Das zeigte auch dessen Ablehnung von Überstunden an den Tagen nach der Teilbetriebsversammlung. Der Arbeitgeber konnte sich dagegen nur ohne Beteiligung des Betriebsrats angemessen zur Wehr setzen.

LAG Schleswig-Holstein PM Nr. 5/15 vom 2.7.2015
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