22.08.2012

Diplomat als Arbeitgeber: Mit der Ausreise entfällt die Immunität

Diplomaten sind grds. von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit und können daher auch als (private) Arbeitgeber nicht gerichtlich in Anspruch genommen werden. Etwas anderes gilt aber, wenn sie die Bundesrepublik verlassen haben und ihre diplomatischen Rechte damit erloschen sind. In diesem Fall, wird der Mangel der deutschen Gerichtsbarkeit nachträglich geheilt.

BAG 22.8.2012, 5 AZR 949/11
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war Diplomat einer ausländischen Botschaft in Deutschland. Die indonesische Staatsangehörige R. arbeitete rund eineinhalb Jahre als Hausangestellte in seinem Privathaushalt in Deutschland. Später trat sie ihre Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis an die Klägerin ab, die mit ihrer Zahlungsklage Vergütung und Schmerzensgeld beanspruchte.

Die Klägerin behauptete, der Beklagte habe Frau R. ausgebeutet, misshandelt, bedroht und gefangen gehalten. Er habe außerdem keine Vergütung gezahlt. Da der Beklagte die Menschenrechte verletzt habe, könne er sich auf seine Immunität nicht berufen. Der Beklagte hielt die Klage dagegen für unzulässig, weil er als Diplomat von der gerichtlichen Inanspruchnahme befreit sei. Die gegen ihn und seine Familie erhobenen Vorwürfe seien im Übrigen - was er beweisen könne - unberechtigt.

Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage  als unzulässig ab. Auf die Revision der Klägerin hob das BAG diese Entscheidungen auf und verwies die Sache an das Arbeitsgericht zurück.

Die Gründe:
Es kann dahinstehen, ob die Immunität des Beklagten im Hinblick auf die Schwere der erhobenen Vorwürfe von Anfang an beschränkt war. Denn der Mangel der Zuständigkeit ist jedenfalls nachträglich geheilt worden.

Grundsätzlich sind Mitglieder der diplomatischen Missionen zwar gemäß § 18 GVG nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18.4.1961 von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Die Immunität einer Person, deren dienstliche Tätigkeit beendet ist, endet aber bei nichtdienstlichen Handlungen gem. Art. 39 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens mit der Ausreise. In einem anhängigen Rechtsstreit wird dadurch der Mangel der deutschen Gerichtsbarkeit nachträglich geheilt.

Im Streitfall steht fest, dass der Beklagte inzwischen die Bundesrepublik verlassen hat und seine diplomatischen Vorrechte erloschen sind. Daher ist der Zuständigkeitsmangel nachträglich geheilt worden. Dies führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht.

BAG PM Nr. 60 vom 22.8.2012
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