13.08.2013

Ein nur mittelbar betroffenes Betriebsratsmitglied ist nicht an einer Beschlussfassung gehindert

Betriebsratsmitglieder können von der Beschlussfassung des Betriebsrats über den Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Versetzung eines Arbeitnehmers nicht schon deshalb ausgeschlossen werden, weil sie sich selbst auch auf die betreffende Stelle beworben haben. Von einer unmittelbaren und individuellen Betroffenheit des Betriebsratsmitglieds kann regelmäßig nur dann gesprochen werden kann, wenn das Betriebsratsmitglied gerade die Person ist, auf die sich das Zustimmungsersuchen des Arbeitgebers unmittelbar richtet.

BAG 24.4.2013, 7 ABR 82/11
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin beschäftigt ca. 520 Arbeitnehmer. Anfang 2010 hatte sie die Stelle eines "Supervisors" zur Neubesetzung ausgeschrieben. Auf die interne Stellenausschreibung bewarben sich vier Arbeitnehmer, neben dem S. auch das Betriebsratsmitglied B. Die Arbeitgeberin beantragte die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers S. auf die ausgeschriebene Stelle.

Der Betriebsrat fasste den Beschluss, der beabsichtigten Versetzung von Herrn S. zu widersprechen. An der Beratung und Beschlussfassung des Betriebsrats nahm auch das Betriebsratsmitglied B. teil. Ein Ersatzmitglied war nicht geladen worden. Der Betriebsrat war der Ansicht, nach den Kriterien der Betriebsvereinbarung über innerbetriebliche Stellenausschreibung hätten die anderen beiden Arbeitnehmer sowie das Betriebsratsmitglied B. die Stelle eher erhalten müssen. Der B. habe zudem einen Anspruch auf Berücksichtigung, weil ihm anlässlich einer früheren Besetzung der Stelle im Jahr 2008 in einem Absagegespräch mitgeteilt worden sei, dass es an zweiter Stelle der Auswahl liege.

Die Arbeitgeberin war der Ansicht, das Betriebsratsmitglied B. habe wegen eigener Betroffenheit an der Beratung und Beschlussfassung des Betriebsrats nicht teilnehmen dürfen. Dessen Beschluss sei daher unwirksam und die Zustimmung zur personellen Einzelmaßnahme gelte als erteilt. ArbG und LAG gaben dem Antrag auf Feststellung, dass die beantragte Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung von Herrn S. als erteilt gilt, statt. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hob das BAG den Beschluss des LAG auf und wies den Antrag der Arbeitgeberin ab.

Die Gründe:
Die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Herrn S. gilt nicht nach § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat seine erforderliche Zustimmung wirksam verweigert.

An einer individuellen Betroffenheit eines Betriebsratsmitgliedes fehlt es, wenn es nur als Angehöriger eines aus mehreren Personen bestehenden Teils der Belegschaft betroffen ist. Eine unmittelbare Betroffenheit liegt nicht vor, wenn mit der Maßnahme oder Regelung nur mittelbare Auswirkungen, Reflexe oder die Steigerung oder Verringerung tatsächlicher Chancen und Aussichten verbunden sind. Für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG bedeutet dies, dass von einer unmittelbaren und individuellen Betroffenheit des Betriebsratsmitglieds regelmäßig nur dann gesprochen werden kann, wenn das Betriebsratsmitglied gerade die Person ist, auf die sich das Zustimmungsersuchen des Arbeitgebers unmittelbar richtet.

Der Umstand, dass ein Betriebsratsmitglied zu einer Gruppe von Mitbewerbern gehört, aus welcher der Arbeitgeber eine andere Person ausgewählt hat, genügt dagegen regelmäßig nicht, um das Betriebsratsmitglied als von seiner Amtsausübung ausgeschlossen anzusehen. Aus der Begründung einer Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats können schon deshalb keine Rückschlüsse auf eine etwaige Betroffenheit des Betriebsratsmitglieds gezogen werden, weil der Betriebsratsvorsitzende die zeitweilige rechtliche Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds bereits bei der Einberufung der Betriebsratssitzung zu beurteilen und erforderlichenfalls ein Ersatzmitglied zu laden hat.

Infolgedessen war B. nicht gehindert, an der Beratung und Beschlussfassung des Betriebsrats über das Ersuchen der Arbeitgeberin zur Versetzung des Arbeitnehmers S. teilzunehmen. Er war durch die vom Betriebsrat zu treffende Entscheidung im beschriebenen Sinn nicht unmittelbar betroffen. Zwar verringerte sich durch eine Zustimmung des Betriebsrats die etwa noch vorhandene - angesichts der anderweitigen Planung der Arbeitgeberin allerdings ohnehin geringe - Chance des Arbeitnehmers B., die Stelle, um die auch er sich beworben hatte, zu erhalten. Allein die Verringerung dieser Chance genügte jedoch nicht, um von einer unmittelbaren Betroffenheit des Betriebsratsmitglieds B. auszugehen. Ebenso wenig war eine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats geeignet, dem Betriebsratsmitglied B. einen Anspruch auf die zu besetzende Stelle zu verschaffen.

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