05.12.2019

Einstellung eines Arbeitnehmers an mehreren Standorten benötigt Zustimmung aller Betriebsräte

Wird ein Arbeitnehmer eingestellt, der in mehreren Betrieben der Arbeitgeberin, die jeweils einen eigenen Betriebsrat gebildet hatten, die Personalverantwortung für mehrere Mitarbeiter trägt und damit in den Betrieb eingegliedert wird, hat die Arbeitgeberin die Zustimmung aller Betriebsräte für die Einstellung einzuholen, unabhängig von dem arbeitsvertraglich genannten Dienstort. Die Zustimmung eines einzelnen Betriebsrats kann mangels Zuständigkeit nicht durch den Gesamtbetriebsrat ersetzt werden.

BAG v. 22.10.2019 - 1 ABR 13/18
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin erbringt in ihren drei Betrieben IT-Dienstleistungen für die Sparkassen-Finanzbranche. Es ist ein Gesamtbetriebsrat errichtet. Sie stellte einen Leiter für den Geschäftsbereich "End-2-End-Services" im Bereich Produktion Groupware ein. Laut seinem Arbeitsvertrag ist der Dienstort der Betrieb der Arbeitgeberin in M.

Der Arbeitnehmer trug die Personalverantwortung sowohl für in M tätige Arbeitnehmer als auch für zwei in H tätige Mitarbeiter. Seine Aufgaben nahm er tageweise in M und in H wahr, wobei er lediglich in M über ein eigenes Büro verfügte. Der für den Betrieb in M gebildete Betriebsrat stimmte der Einstellung zu, den für den Betrieb in H gebildeten Betriebsrat beteiligte die Arbeitgeberin nicht.

Der Betriebsrat in H beantragte daher, der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung im Betrieb H aufzuheben, solange keine Zustimmung des Betriebsrats in H vorliegt. Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das LAG wies dessen Beschwerde zurück. Die Rechtsbeschwerde war vor dem BAG jedoch erfolgreich.

Die Gründe:
Die Arbeitgeberin ist nach § 101 Satz 1 BetrVG verpflichtet, die Einstellung des Arbeitnehmers in den Betrieb H aufzuheben, da sie ohne Zustimmung des antragstellenden Betriebsrats erfolgt ist.

Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzuerlegen, eine personelle Maßnahme i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufzuheben, wenn dieser die Maßnahme ohne seine Zustimmung durchgeführt hat und diese damit betriebsverfassungswidrig ist.

Die Arbeitgeberin hat den Arbeitnehmer in den Betrieb H eingestellt, ohne dass der dort gebildete Betriebsrat zugestimmt hat. Der Arbeitgeber hat in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern, wie hier der Fall, vor jeder Einstellung den Betriebsrat zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. Eine Einstellung i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt vor, wenn eine Person in den Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Die für eine Einstellung erforderliche Eingliederung erfordert nicht, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten auf dem Betriebsgelände verrichtet. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebs verfolgt.

Der Arbeitnehmer war in den Betrieb H eingegliedert und mithin auch dort beschäftigt. Es kommt weder darauf an, wo die "vertraglichen Angelegenheiten" des Arbeitnehmers "abgewickelt" werden, noch muss der betroffene Arbeitnehmer einer Bindung an Weisungen einer im Betrieb tätigen "Führungskraft" unterliegen. Zudem setzt die für eine Einstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG notwendige Eingliederung in die Betriebsorganisation nicht voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten zu bestimmten Zeiten im Betrieb verrichten muss oder dort über ein eigenes Büro verfügt.

Eine Beteiligung des bei der Arbeitgeberin gebildeten Gesamtbetriebsrats kommt nicht in Betracht. Der Gesamtbetriebsrat ist durch die begehrte Entscheidung nicht unmittelbar in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen. Dem Gesamtbetriebsrat kann nach § 50 Abs.1 Satz 1 BetrVG nur die Behandlung solcher Angelegenheiten zugewiesen sein, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen. Eine etwaige Einstellung in den Betrieb H betrifft jedoch auch nur diesen Betrieb. Es handelt sich bei dieser Einstellung um zwei zustimmungspflichtige Maßnahmen, jeweils durch den betreffenden Betriebsrat in H und in M.
BAG online
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