18.11.2013

Entgegen dem BAG: Jeder gerichtliche Vergleich kann die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen

Ein gerichtlicher Vergleich kann nach einer aktuellen Entscheidung des LAG Niedersachsen auch dann Sachgrund i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG für eine Befristung sein, wenn er auf schriftlichen Vergleichsvorschlägen der Parteien beruht. Das LAG weicht damit von der Rechtsprechung des BAG ab. Der Siebte Senat hatte 2012 entschieden, dass es bei einem solchen Vergleich an der von § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG vorgeschriebenen Mitwirkung des Gerichts fehlt (BAG, Urt. v. 15.2.2012 - 7 AZR 734/10).

LAG Niedersachsen 5.11.2013, 1 Sa 489/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war aufgrund mehrerer Befristungen - zuletzt bis zum 31.12.2010 - bei der Beklagten als Teamassistentin beschäftigt gewesen. Sie hatte Entfristungsklage erhoben. Nach erfolgloser Güteverhandlung hatte ihr Anwalt einen mit der Gegenseite abgestimmten Vergleichsvorschlag unterbreitet, den das Gericht als gerichtlichen Vergleichsvorschlag der Beklagten zur Annahme zugeleitet hatte. Diese hatte sodann den Vergleichsvorschlag, der u.a. eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses vorsah, ausdrücklich angenommen.

Nach Ablauf dieses Befristungszeitraums erhob die Klägerin Anfang 2013 erneut Entfristungsklage mit der Begründung, es habe an den Voraussetzungen eines gerichtlichen Vergleichs i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG i.V.m. § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO und damit an einem sachlichen Grund für die Befristung gefehlt. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das LAG wies sie dagegen ab; es ließ allerdings die Revision zum BAG zu.

Die Gründe:
Zwischen den Parteien ist kein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Befristung war gem. § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG sachlich gerechtfertigt, da sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

Was ein "gerichtlicher Vergleich" i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG ist, ist allerdings umstritten. Gemäß § 278 Abs. 6 ZPO kann ein gerichtlicher Vergleich auch dadurch geschlossen werden, dass

  • die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten (Alt. 1) oder
  • einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen (Alt. 2).

Nach Auffassung des BAG kann ein auf Vorschlag der Parteien zustande gekommener Vergleich i.S.v. § 278 Abs. 6 Alt. 1 ZPO keine Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, weil es an einer inhaltlichen Mitwirkung des Gerichts i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG fehle (Urt. v. 15.2.2012 - 7 AZR 734/10).

Diese vom BAG vorgenommene Einschränkung widerspricht allerdings dem Gesetzeszweck. Denn die 2004 vorgenommene gesetzliche Erweiterung in § 278 Abs. 6 ZPO sollte den Abschluss gerichtlicher Vergleiche vereinfachen. Der Gesetzgeber wollte beide Verfahren zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs in § 278 Abs. 6 ZPO gleichbehandeln und hat damit zugleich festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein gerichtlicher Vergleich i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG zustande kommen kann.

Zu beachten ist zudem, dass das Gericht auch Vergleichsvorschläge der Parteien auf ihre Ausgewogenheit hin prüfen und ggf. einen feststellenden Beschluss hierzu verweigern muss.

Linkhinweis:
Die auf den Webseiten des BAG veröffentlichte Entscheidung vom 15.2.2012 finden Sie hier.

LAG Niedersachsen PM vom 5.11.2013
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