16.02.2018

Equal-Pay-Anspruch von Leiharbeitnehmern: Tariföffnungsklausel in § 8 AÜG ist wirksam

Durch die Tarifverträge der Leiharbeitsbranche kann gem. § 8 AÜG vom Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiche Vergütung wie die Arbeitnehmer des Einsatzbetriebs ("Equal-Pay-Anspruch") abgewichen werden. Das gilt selbst dann, wenn dies zu großen Entgelteinbußen für den Leiharbeitnehmer führt. § 8 AÜG gewährleistet den von der Leiharbeitsrichtlinie geforderten Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer und ist damit EU-rechtskonform.

ArbG Gießen 14.2.2018, 7 Ca 246/17
Der Sachverhalt:
Der Kläger war vom 1.2.2017 bis zum 26.7.2017 bei dem beklagten Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und der DGB-Tarifgemeinschaft abgeschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie die in dem jeweiligen Einsatzbetrieb geltenden, zwischen dem BAP und der Mitgliedsgewerkschaft des DGB abgeschlossenen Tarifverträge über Branchenzuschläge Anwendung.

Der Beklagte setzte den Kläger ausschließlich in einem Unternehmen ein, in dem die Arbeitnehmer nach Maßgabe der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Hessen bezahlt wurden.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Zahlung der Differenz zwischen dem erhaltenen Lohn und dem Lohn, den mit ihm vergleichbare Beschäftigte des Einsatzbetriebs im Streitzeitraum erhalten haben. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer Vergütung.

Nach § 8 Abs. 2 AÜG kann ein Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen. Der Vergütungsanspruch des Klägers richtet sich daher nach den zwischen dem BAP und dem DGB abgeschlossenen Tarifverträgen und nicht etwa nach den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie in Hessen. Auch den Tarifverträgen in der Leiharbeitsbranche kommt eine Richtigkeitsvermutung zu. Daher sind nähere Vorgaben hinsichtlich der Entgelthöhe nicht geboten.

§ 8 AÜG steht auch im Einklang mit dem EU-Recht. Die Richtlinie 2008/104/EG (Leiharbeitsrichtlinie) ermöglicht es dem nationalen Gesetzgeber, die Abweichung vom Grundsatz der gleichen Vergütung bei Leiharbeit durch Tarifvertrag zuzulassen.

§ 8 AÜG in seiner aktuellen Fassung berücksichtigt den von der Richtlinie geforderten Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer in ausreichendem Maße, indem das Gesetz die Tarifvertragsparteien auf die Einhaltung jedenfalls der Lohnuntergrenze in der Leiharbeit verpflichtet und ihnen gleichzeitig eine zeitliche Grenze zur Abweichung vom Equal-Pay-Grundsatz sowie einen Anreiz zur zeitnahen Heranführung der Löhne an diejenigen der Stammarbeitnehmer setzt.

ArbG Gießen PM Nr. 1/18 vom 14.2.2018
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