28.04.2014

Fiktive Testbewerbung zur Aufdeckung einer Altersdiskriminierung kann gegen Gesetze verstoßen

Bewirbt sich ein älterer Arbeitnehmer um eine Stelle und verschickt er gleichzeitig eine Testbewerbung einer fiktiven jüngeren Person, so kann dies gegen Gesetze verstoßen. Derartige Testverfahren zur Klärung von Diskriminierungsfällen sind nur zulässig, wenn es hierfür einen Auslöser gibt, die Strafgesetze beachten werden und kein Rechtsmissbrauch vorliegt.

LAG Schleswig-Holstein 9.4.2014, 3 Sa 401/13
Der Sachverhalt:
Der 50-jährige Kläger hatte sich auf eine von der Beklagten ausgeschriebenen Stelle für einen Servicetechniker beworben. Er verfügte zwar über die nach der Ausschreibung notwendigen Kenntnisse. Einige der geforderten Praxiserfahrungen lagen aber bereits mehrere Jahre zurück.

Daneben hatte der Kläger eine Testbewerbung einer fiktiven Person abgeschickt, die 18 Jahre jünger war als er und über ähnliche Kenntnisse und Erfahrungen verfügte. Die Praxiserfahrungen dieser fiktiven Person waren allerdings wesentlich aktueller und teilweise auch spezieller als die des Klägers. Für die Bewerbung hatte der Kläger einen in Teilen ähnlichen Lebenslauf, Briefkopfbögen von Schulen und teilweise existierenden, teilweise nicht existierenden Firmen genutzt bzw. kreiert und Zeugnisse erstellt sowie ein altes Foto von sich verwendet.

Die Beklagte lud den fiktiven Bewerber umgehend zu einem Vorstellungsgespräch ein; dem Kläger schickte sie hingegen einige Zeit später eine allgemeine Absage. Dieser klagte daraufhin auf Zahlung einer Entschädigung i.H.v. mindestens 10.500 Euro wegen Altersdiskriminierung. Das Arbeitsgericht gab der Klage i.H.v. 2.000 Euro statt. Auf die Berufungen beider Parteien gab das LAG der Beklagten recht und wies die Klage insgesamt ab.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entscheidung wegen Altersdiskriminierung im Bewerbungsverfahren. Es liegen keine Indizien für die Vermutung vor, dass der Kläger "wegen" seines Alters nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen und damit diskriminiert worden ist.

Zwar hat die Beklagte lediglich den - fiktiven - jüngeren Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Allein der Altersunterschied zwischen zwei unterschiedlich behandelten Bewerbern lässt aber noch keine Diskriminierung wegen des Alters vermuten. Notwendig ist vielmehr eine größtmögliche Vergleichbarkeit der Personen, der Bewerbungssituation und das Fehlen anderer Aspekte.

Eine solche Vergleichbarkeit hat der Kläger nicht dargelegt. Aus dem inszenierten Testverfahren ergibt sich nichts anderes. Solche Tests sind nach der Gesetzesbegründung zum AGG zwar grds. zulässig, müssen aber einen Auslöser haben, die Strafgesetze beachten und dürfen nicht rechtsmissbräuchlich sein. Ob diese Voraussetzungen hier beachtet wurden, ist zweifelhaft.

Das kann allerdings letztlich dahinstehen. Denn ist aufgrund konkreter Tatsachen, die im Arbeitsleben üblicherweise von Bedeutung sind, für den getesteten Arbeitgeber Raum für eine andere Auswahlentscheidung, besteht keine Vermutung für eine Altersdiskriminierung. Das war hier der Fall, da die Beklagte ihre Auswahlentscheidung auf die nach der Papierform aktuelleren Erfahrungen des fiktiven Bewerbers im Bereich der elektronischen Entwicklung und des Kundensupports gestützt hatte.

LAG Schleswig-Holstein PM Nr. 6/2014 vom 24.4.2014
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