29.06.2011

Geschlechtsspezifische Benachteiligung bei Beförderungsentscheidung: Schwangere Bewerberin kann Entschädigung verlangen

Wird eine Führungsposition mit einem männlichen Bewerber anstatt mit einer schwangeren Bewerberin besetzt, so kann hierin eine geschlechtsspezifische Benachteiligung bei einer Beförderungsentscheidung liegen. Der Arbeitgeber schuldet in diesem Fall eine Entschädigung, wenn er bestehende Indizien für eine Benachteiligung nicht widerlegen kann. Ein solches Indiz liegt z.B. vor, wenn der Arbeitgeber die Absage mit der Bemerkung kommentiert, die Arbeitnehmerin solle sich auf ihr Kind freuen.

LAG Berlin-Brandenburg 28.6.2011, 3 Sa 917/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war bei Sony im Bereich "International Marketing" als eine von drei Abteilungsleitern beschäftigt. Im September 2005 wurde die Stelle ihres Vorgesetzten frei. Die beklagte Arbeitgeberin besetzte diese mit einem Mann und nicht mit der damals schwangeren Klägerin.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Zahlung einer Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts i.H.v. mindestens rund 17.000 €. Sie habe die Stelle wegen ihrer Schwangerschaft nicht erhalten. So sei sie bei der Bekanntgabe der Beförderungsentscheidung auf ihre Schwangerschaft angesprochen worden. Der zuständige Mitarbeiter der Beklagten habe gemeint, sie habe sich für die Familie entschieden und solle sich auf ihr Kind freuen. Die Beklagte behauptete, für die getroffene Auswahl sprächen sachliche Gründe.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das LAG wies sie zunächst ab. Dieses Urteil hob das BAG am 27.1.2011 (Az.: 8 AZR 483/09) auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des LAG zurück. Im zweiten Rechtsgang gab das LAG der Klage nunmehr statt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei einer Beförderungsentscheidung.

Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände spricht eine Vermutung dafür, dass die Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft nicht befördert worden ist. Wichtiges Indiz hierfür ist die Äußerung des Personalverantwortlichen, die Klägerin solle sich auf ihr Kind freuen. Weiteres Indiz für die Benachteiligung ist der Umstand, dass der Klägerin trotz Nachfrage keine konkreten Gründe für die Beförderung des Kollegen genannt worden sind, obwohl ihrer Bewerbung zuvor Chancen eingeräumt worden waren.

Da die Beklagte die Vermutung nicht widerlegen konnte, war von einer geschlechtsspezifischen Benachteiligung auszugehen.

Linkhinweise:

LAG Berlin-Brandenburg PM Nr. 27 vom 28.6.2011
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