09.02.2015

Keine Altersdiskriminierung eines in Ruhestand getretenen Bezirksschornsteinfegermeisters bei Nichtberücksichtigung in neuer Ausschreibung

Ein nach alter Rechtslage mit 65 Jahren in den Ruhestand getretener Bezirksschornsteinfegermeister, der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor Gericht das 67. Lebensjahr vollendet hat, besitzt keinen Anspruch darauf, ihn nach neuer Rechtslage zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für seinen ehemaligen Bezirk zu bestellen. Nicht nur im Hinblick auf die körperlichen Anforderungen, die die Tätigkeit eines Bezirksschornsteinfegers kennzeichnen, sind Altersgrenzen gerechtfertigt.

VG Neustadt 8.1.2015, 4 K 561/14.NW
Sachverhalt:
Der Kläger war jahrzehntelang Bezirksschornsteinfegermeister. Im Dezember 2012 vollendete er das 65. Lebensjahr und erreichte mit Ablauf des Jahres die in § 9 des damals gültigen Schornsteinfegergesetzes (SchfG) festgesetzte Altersgrenze für die Ausübung seines Berufes. Infolgedessen leitete die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion im September 2012 für den Kehrbezirk ein Ausschreibungsverfahren zur Bestellung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers zum 1.1.2013 ein.

Mit dem neuen Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) wurde das Kehr- und Überprüfungsmonopol nach bisheriger Prägung aufgehoben. Die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, die als Gewerbetreibende dem Schornsteinfegerhandwerk angehören und neben den ihnen übertragenen hoheitlichen Aufgaben auch die übrigen Schornsteinfegerarbeiten im Wettbewerb ausführen, sind bei diesen Arbeiten nicht mehr an Bezirke gebunden. Die Altersgrenze ist nunmehr auf 67 Jahre festgesetzt (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 SchfHwG).

Der Kläger beteiligte sich erfolglos an dem Ausschreibungsverfahren. Der Landkreis bestellte einen Mitbewerber zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und ersuchte erfolglos um vorläufigen Rechtsschutz. Mit seiner Klage machte er geltend, das Auswahlverfahren sei nicht hinreichend transparent durchgeführt worden und hätte zu seinen Gunsten entschieden werden müssen. Im Übrigen liege eine Altersdiskriminierung vor. Wäre er 3 Wochen jünger, würde die neue Regel des SchfHwG gelten. Die Altersgrenzen im SchfG und im SchfHwG seien europarechtswidrig und daher nichtig.

Das VG wies die Klage ab.

Gründe:
Mit seinem Hauptantrag begehrte der Kläger die Aufhebung des Bescheids, durch den sein Mitbewerber zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bestellt worden war. Insoweit fehlte der Klage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Januar 2015 allerdings das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Denn der Kläger hatte bereits im Dezember 2014 das 67. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze nach dem neuen SchfHwG erreicht.

Diese Altersgrenze verstößt ebenso wenig wie die bis 31.12.2012 geltende Altersgrenze von 65 Jahren gegen die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bzw. der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Beide Altersgrenzen sind nämlich im Hinblick auf die körperlichen Anforderungen, die die Tätigkeit eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers kennzeichnen, und mit Blick auf die mit dieser Altersgrenze verfolgten legitimen arbeitsmarktpolitischen Ziele, einen ausgewogenen Altersaufbaus der bevollmächtigten Schornsteinfeger sicherzustellen und im Interesse der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik beständig neue Bewerber einzustellen, gerechtfertigt.

Soweit der Kläger hilfsweise die Feststellung begehrte, dass der Beklagte in rechtswidriger Weise nicht ihn, sondern den Konkurrenten zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bestellt hatte, war die Klage unbegründet. Denn eine Bestellung des Klägers als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger ab dem 1.1.2013 war schon deshalb rechtlich nicht mehr zulässig, weil er zuvor unter der Geltung des SchfG in den Ruhestand getreten war. Im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens hatte sich der Gesetzgeber für die Fortgeltung des § 9 SchfG bis zum Ablauf des 31.12.2012 entschieden und damit dafür, dass alle Bezirksschornsteinfegermeister, die bis zu diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr vollendet haben, auch die Altersgrenze für die Ausübung ihres Berufs erreicht haben. Aus dem Sinn und Zweck des § 9 SchfG folgte damit auch, dass auch eine spätere Bestellung als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger ausschied.

Linkhinweis:

VG Neustadt PM v. 3.2.2014
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