11.05.2016

Keine betriebsbedingte Kündigung bei Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für deutlich weniger Gehalt

Eine betriebsbedingte Kündigung ist unwirksam, wenn eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz objektiv möglich und zumutbar ist. Ein solches alternatives Arbeitsplatzangebot ist nur entbehrlich, wenn der Arbeitgeber nicht mit einer Annahme des Angebots durch den Arbeitnehmer rechnen kann. Dies kann nur in Extremfällen angenommen werden, wenn das Angebot quasi einen beleidigenden Charakter gehabt hätte. Das ist nicht schon bei einer um mehrere Entgeltgruppen niedrigeren Vergütung der Fall.

ArbG Bonn 6.4.2016, 5 Ca 2292/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 1988 in dem metallverarbeitenden Unternehmen der Beklagten beschäftigt - zunächst als Produktionshelfer und zuletzt als Pressenfahrer in der Abteilung Presswerk. Er war in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert und erhielt ein Bruttoarbeitsentgelt von etwa 3.600 €.

Wegen eines starken Auftragsrückgangs plante die Beklagte einen erheblichen Personalabbau. Sie schloss insoweit mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan, erstattete eine Massenentlassungsanzeige und kündigte u.a. dem Kläger.

Dieser machte mit seiner Kündigungsschutzklage geltend, dass die Beklagte ihm vor Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung die freie Stelle des Pförtners (Entgeltgruppe 4) hätte anbieten müssen. Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Kündigung ist nicht gem. § 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Dringende betriebliche Gründe für eine Kündigung liegen nur vor, wenn keine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz - ggf. auch zu anderen Arbeitsbedingungen - objektiv möglich und zumutbar ist. Vor diesem Grund hätte die Beklagte vor Ausspruch einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung aussprechen und dem Kläger die freie Pförtner-Stelle anbieten müssen.

Das Angebot der Pförtnerstelle konnte nicht unterbleiben. Von einem solchen Angebot darf der Arbeitgeber nur absehen, wenn er bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte und das Angebot im Gegenteil beleidigenden Charakter gehabt hätte. Dies kommt allerdings nur in Extremfällen in Betracht und wurde vom BAG z.B. bejaht bei einem Angebot an den Personalleiter, als Pförtner zu arbeiten.

Ein solcher Extremfall liegt hier nicht vor. Der Kläger hat bei der Beklagten als Produktionshelfer angefangen und war zuletzt als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Vor diesem Hintergrund mag das Angebot einer um fünf Entgeltgruppen niedriger bewerteten Pförtner-Stelle zunächst nicht besonders attraktiv sein. Es hat aber keinen beleidigenden Charakter.

Urteilseinsendung durch RA Peter A. Aßmann, Bonn, www.assbo.de
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