05.08.2020

Keine Zuständigkeit der Rentenversicherung zum Ausgleich der mangelnden Grundausstattung des Arbeitsplatzes

Ein Versicherter hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für einen elektronischen Postwagen (E-Trolley) als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, wenn eine vorrangige Verpflichtung des Arbeitgebers besteht, Gefährdungen bei der manuellen Handhabung von Lasten zu vermeiden. Es ist nicht Aufgabe der Rentenversicherung, eine mangelnde Grundausstattung des Arbeitsplatzes auszugleichen.

SG Stuttgart v. 31.1.2020 - S 7 R 6998/17
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist als Postbote in der Poststelle eines Unternehmens tätig, seit er die ursprüngliche Tätigkeit aufgrund von Wirbelsäulenbeschwerden nicht mehr ausüben konnte. Zu seinen täglichen Aufgaben gehören die Verteilung der eingegangenen Post sowie zugleich das Einsammeln von Post auf einer von drei verschiedenen Routen, die sich der Kläger mit zwei weiteren Beschäftigten teilt. Dem Kläger sowie den weiteren Beschäftigten werden hierfür Postwagen zur Verfügung gestellt, die allein mit Muskelkraft bewegt werden. Das Eigengewicht der Postwagen beträgt 14,70 kg. Je nach Route beträgt das Gewicht bei halbvoller Beladung zwischen 52,5 kg und 70 kg. Bei voller Beladung steigt das Gesamtgewicht auf bis zum Doppelten dieser Beträge an.

Der Kläger begehrte die Kostenübernahme für einen elektronischen Postwagen, sog. E-Trolley, durch die beklagte Rentenversicherung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme ab. Dies begründete sie damit, dass für spezielle Hilfsmittel zum Heben und Tragen schwerer Lasten bei der Arbeit vorrangig der Arbeitgeber zuständig sei.

Das SG Stuttgart hat die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Der Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfasst zwar grundsätzlich auch die Kosten für erforderliche Hilfsmittel. Eine Ausnahme besteht jedoch für den Fall, dass insoweit eine vorrangige Verpflichtung des Arbeitgebers besteht. Der Arbeitgeber ist für eine ausreichende, d.h. nicht gesundheitsgefährdende Ausstattung der bei ihm bestehenden Arbeitsplätze zuständig. Es ist nicht Aufgabe der Rentenversicherung, eine mangelnde Grundausstattung des Arbeitsplatzes auszugleichen. Im Fall des Klägers ist von einer vorrangigen Leistungspflicht des Arbeitgebers auszugehen. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit bei der manuellen Handhabung von Lasten vermieden werden. Solche Gefahren bestehen hinsichtlich der Nutzung des vorhandenen Postwagens, wie sich aus der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes ergibt. Die Beschaffung elektrischer Postwagen ist als Maßnahme des Arbeitsschutzes erforderlich und durch den Arbeitgeber, nicht aber die beklagte Rentenversicherung zu erbringen.
SG Stuttgart PM vom 3.8.2020
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