02.01.2013

Kirchliche Einrichtungen dürfen Bewerber nicht ohne weiteres wegen fehlender Religionszugehörigkeit ablehnen

Die Ablehnung eines Intensivpflegers für den Dienst in einem katholischen Krankenhaus allein wegen fehlender Religionszugehörigkeit stellt eine entschädigungspflichtige Diskriminierung i.S.d. AGG dar. Nach den eigenen Vorgaben der katholischen Kirche darf nur bei der Besetzung von Stellen im pastoralen, katechetischen und im erzieherischen Bereich sowie bei leitenden Aufgaben die Mitgliedschaft in der katholischen Kirche verlangt werden.

ArbG Aachen 13.12.2012, 2 Ca 4226/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte sich bei dem beklagten Krankenhaus in katholischer Trägerschaft um eine Stelle als Intensivpfleger beworben. Obwohl er objektiv für die Besetzung der Stelle geeignet war, wurde seine Bewerbung mit der Begründung zurückgewiesen, dass er nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft sei.

Der Kläger sah hierin eine unzulässige Diskriminierung und nahm den Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung i.H.v. drei Bruttomonatsgehältern in Anspruch. Seine Klage hatte vor dem Arbeitsgericht teilweise Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 AGG einen Anspruch auf Entschädigung. Wenn ein Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft - wie hier - die Bewerbung eines Krankenpflegers allein mit der Begründung zurückweist, er sei nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft, stellt dies eine Diskriminierung i.S.d. AGG dar.

Die Religionsgemeinschaft kann sich nicht auf ihren verfassungsrechtlichen Sonderstatus berufen, wenn sie allein auf die formelle Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft abstellt. Nach ihren eigenen Vorgaben in § 3 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes darf sie eine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche nur bei der Besetzung von Stellen

  • im pastoralen,
  • katechetischen sowie
  • in der Regel im erzieherischen Bereich und
  • bei leitenden Aufgaben

verlangen. Bei allen übrigen Stellen reicht es aus, dass sichergestellt ist, dass der Bewerber den besonderen Auftrag glaubwürdig erfüllt. Dies ist der Fall, wenn der Bewerber

  • fachlich tüchtig ist,
  • die übertragenen Aufgaben gewissenhaft erfüllt und
  • den Zielen der Einrichtung zustimmt.

Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf eine Entschädigung i.H.v. drei Bruttomonatsgehältern. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann eine Entschädigung wegen Diskriminierung im Einstellungsverfahren zwar bis zu drei Bruttomonatsgehälter betragen. Im vorliegenden Fall war die Entschädigung aber auf etwa ein Bruttogehalt zu reduzieren, da die Schwere des Verstoßes wegen der schwierigen und weitgehend ungeklärten Rechtslage als gering einzustufen war.

Arbeitsgericht Aachen PM Nr. 3/12 vom 14.12.2012
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