21.06.2013

Konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung ist nicht rechtsmissbräuchlich

Verleiht eine konzerneigene Zeitarbeitsfirma ihre Mitarbeiter ausschließlich an andere konzerneigene Unternehmen, so stellt dies keinen institutionellen Rechtsmissbrauch dar. Zudem können Leiharbeitnehmer, soweit ein Tarifvertrag dies erlaubt, auch über viele Jahre (hier: zwölf) sachgrundlos befristet beschäftigt werden. Zwar ist eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung nicht schrankenlos zulässig. Eine tariflich stark erleichterte Befristung kann aber z.B. gerechtfertigt sein, wenn der Tarifvertrag eine gestaffelte Übernahmeverpflichtung enthält.

LAG Düsseldorf 21.6.2013, 10 Sa 1747/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war bei der Beklagten zu 2, einer konzerneigenen Zeitarbeitsfirma (Verleiherin), beschäftigt und wurde ausschließlich an andere konzerneigene Unternehmen verliehen. Zuletzt war er bei der Beklagten zu 1 (Entleiherin) als Kranfahrer eingesetzt.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers war seit dem 1.1.2005 insgesamt neunmal ohne Sachgrund befristet worden. Die letzte Befristung erfolgte bis zum 30.4.2012. Grundlage der Befristungen waren mehrere mit der IG Metall abgeschlossene Haustarifverträge. Der letzte Tarifvertrag sah in Abweichung vom Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) die Möglichkeit vor, bestehende befristete Arbeitsverhältnisse ohne Sachgrund bis Ende 2017 weiter zu befristen und innerhalb dieser Zeit die Befristung mehr als dreimal zu verlängern.

Mit seiner Klage machte der Kläger zum einen geltend, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1 bestehe. Bei dem vereinbarten Leiharbeitsverhältnis handele es sich um ein rechtsmissbräuchliches Umgehungsgeschäft, weil die wesentlichen Arbeitgeber-Funktionen durch den Entleiher wahrgenommen würden. Zum anderen vertrat der Kläger die Auffassung, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2, der Verleiherin, unwirksam sei.

Die Klage hatte mit beiden Anträgen sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG keinen Erfolg. Das LAG ließ allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BAG zu.

Die Gründe:
Es besteht weder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 noch ein solches zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2.

Eine konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung, wie sie hier praktiziert wurde, stellt keinen institutionellen Rechtsmissbrauch dar. Es liegt daher keine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung vor, so dass auch nicht die Rechtsfolge des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG - die gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher - eingreift.

Auch die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Verleiherin war wirksam. Die Tarifparteien haben durch den Haustarifvertrag von der in § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffneten Möglichkeit, die sachgrundlose Befristung gegenüber dem Gesetz zu erleichtern, in wirksamer Weise Gebrauch gemacht.

Zwar können auch die Tarifparteien sachgrundlose Befristungen nicht schrankenlos zulassen. Nicht ausreichend war insoweit der Verweis der Beklagten zu 2 auf "konjunkturelle Schwankungen". Der Haustarifvertrag enthielt aber eine zeitlich gestaffelte Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern durch den Entleiher zu übernehmen. Angesichts dieser Übernahmeverpflichtung waren die Schranken der tariflich zulässigen Abweichungen von der gesetzlichen Befristungsregelung nicht überschritten.

LAG Düsseldorf PM vom 21.6.2013
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