24.04.2015

Konzernunternehmen können durch unternehmerische Entscheidungen Betriebsrentenanpassungen beeinflussen

Für den Anspruch eines Betriebsrentners auf Anpassung der Leistungen aus § 16 Abs. 1 und 2 BetrAVG kommt es auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des die Rentenzahlung schuldenden Unternehmens an. Nicht maßgeblich ist hingegen die fiktive wirtschaftliche Lage, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären. Daher bleibt eine Maßnahme, die u.U. zu einer konzerninternen Vorteilsverlagerung auf die Muttergesellschaft führt, grds. unberücksichtigt, es sei denn, dass die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff vorliegen.

BAG 21.4.2015, 3 AZR 729/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger bezieht seit dem 1.8.2008 von der Beklagten eine Betriebsrente.

Die Beklagte ist in einen Konzern eingebunden und erbringt sowohl Dienstleistungen für externe Kunden als auch für andere Konzerngesellschaften und nimmt Verwaltungsaufgaben für ihre Muttergesellschaft wahr. Zwischen der Beklagten und einer Schwestergesellschaft mit Sitz in den Niederlanden besteht ein sog. "Intercompany Trading Agreement" (AGITA), das eine Formel zur Berechnung der Vergütung für die konzerninternen Leistungen enthält.

Der Kläger verlangte mit seiner Klage von der Beklagten eine Anpassung seiner Betriebsrente zum 1.1.2011. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten stehe einer Anpassung nicht entgegen. Durch die im AGITA vereinbarte Berechnungsformel komme es zu einer konzerninternen Vorteilsverlagerung von der Beklagten auf die Muttergesellschaft. Deshalb sei die in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen der Beklagten ausgewiesene Ertragssituation für ihre wirtschaftliche Lage nicht aussagekräftig.

Des Weiteren vertrat der Kläger die Auffassung, dass sich die Beklagte jedenfalls die günstige wirtschaftliche Lage ihrer Muttergesellschaft bzw. der Konzernobergesellschaft im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen müsse. Zum einen enthalte das AGITA eine harte Patronatserklärung; zum anderen könne die Beklagte aufgrund der im AGITA vereinbarten Berechnungsformel für die Vergütung der konzerninternen Leistungen von vornherein stets nur den im AGITA festgelegten und begrenzten Gewinn erzielen. Hierdurch würden Betriebsrentenanpassungen auf unabsehbare Zeit verhindert.

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 16 Abs. 1 und 2 BetrAVG auf Anpassung der Betriebsrentenleistungen zum 1.1.2011. Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass ihre wirtschaftliche Lage zum Anpassungsstichtag keine Anpassung zuließ, weil sie bis zum nächsten Anpassungsstichtag keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaften würde.

Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG kommt es auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners und nicht auf eine fiktive wirtschaftliche Lage an, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären.

Daher ist es für die Frage des Bestehens eines Anpassungsanspruchs irrelevant, wie sich die wirtschaftliche Lage der Beklagten dargestellt hätte, wenn im AGITA eine andere Verrechnungspreisabrede vereinbart worden wäre. Die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage einer anderen Konzerngesellschaft lagen zum Anpassungsstichtag 1.1.2011 nicht vor.

Der Hintergrund:
Das BAG hat zudem darauf hingewiesen, dass es über Schadensersatzansprüche nicht entschieden hat, weil diese nicht Streitgegenstand waren.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 22/15 vom 21.4.2015
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