26.08.2019

Massenentlassungen bei Autozulieferer Dura sind wirksam

Angesichts der zum 30.4.2019 vollzogenen Werksschließungen des US-amerikanischen Autozulieferers Dura in Plettenberg und Kirchhundem-Selbecke war von einem betriebsbedingten Kündigungsgrund auszugehen. Möglichkeiten zur anderweitigen Weiterbeschäftigung im selben Unternehmen bestanden nicht. Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht - andere Dura-Unternehmen betreffend - schied aus Rechtsgründen aus.

LAG Hamm v. 16.8.2019 - 18 Sa 232/19 u.a.
Der Sachverhalt:
Im September 2018 hatten zwei der weltweit agierenden Dura-Gruppe zugehörige deutsche Unternehmen verlautbart, drei in NRW ansässige Betriebe zum 30.4.2019 schließen und den dortigen Belegschaften kündigen zu wollen. Betroffen davon waren das Werk der Dura Automotive Plettenberg Leisten & Blenden GmbH mit zuletzt rund 570 Beschäftigten, das Werk der Dura Automotive Body & Glass Systems GmbH ebenfalls in Plettenberg mit rund 270 Beschäftigten sowie ein Gemeinschaftsbetrieb beider Unternehmen in Kirchhundem-Selbecke mit ca. 90 Beschäftigten. Beide Unternehmen waren konzernrechtlich mit der Dura Holding Germany GmbH verbunden. Diese gehört wiederum der Dura Gruppe mit Hauptsitz in den USA an. Bei der dortigen Konzernobergesellschaft soll angesichts fortgesetzt defizitärer Ergebnisse der drei Standorte schon im April 2018 die Stilllegungsentscheidung gefallen sein. Die Betriebe sind inzwischen stillgelegt.

Seit Mai 2019 ist die Dura Automotive Systems GmbH in Lüdenscheid tätig. Sie betreibt ein Technical & Engineering Center mit zumindest rund 100 Beschäftigten. Diese haben zum Teil zuvor den Belegschaften der stillgelegten Betriebe angehört. Die Kündigungsschutzklagen der übrigen Beschäftigten wurden von den Arbeitsgerichten Iserlohn und Siegen abgewiesen. Auch die Berufungen vor dem LAG blieben in allen sechs Fällen erfolglos. Es wurde keine Revision zugelassen.

Die Gründe:
Angesichts der zum 30.4.2019 vollzogenen Werksschließungen war von einem betriebsbedingten Kündigungsgrund auszugehen. Möglichkeiten zur anderweitigen Weiterbeschäftigung im selben Unternehmen bestanden nicht. Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht - andere Dura-Unternehmen betreffend - schied aus Rechtsgründen aus.

Die Kündigungen waren auch in rechtsformaler Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Anhörung des Betriebsrats im Vorfeld der Kündigung ließ zum einen keine Mängel erkennen. Die Pflichten im Rahmen des bei Massenentlassungen vorgeschriebenen Konsultationsverfahrens nach § 17 Abs. 2 KSchG hatte Dura erfüllt. Dies galt insbesondere im Hinblick auf gegebenenfalls geforderte Informationen über die Neugründung einer anderen Dura-Gesellschaft am Standort Lüdenscheid und dortige Beschäftigungsmöglichkeiten.

Den Anspruch auf finanziellen Nachteilsausgleich bei wirksamer Kündigung (§ 113 BetrVG) hatten die Arbeitsgerichte in erster Instanz zu Recht verneint. Denn Dura hatte in den Verhandlungen mit dem Betriebsrat über Abschluss eines Interessenausgleichs ausreichend zu Anlass und Folgen der Kündigungen informiert. Vor dem Scheitern dieser Verhandlungen waren auch keine unumkehrbaren Fakten geschaffen worden.

Hintergrund:
Beim LAG Hamm sind gegenwärtig rund 450 Verfahren anhängig, die mit den Entlassungen bei den beiden Dura-Unternehmen im Zusammenhang stehen. Aktuell kommen stetig weitere Rechtsmittelverfahren hinzu, da bislang nicht alle Kündigungsschutzklagen erstinstanzlich entschieden sind oder insoweit noch Rechtsmittelfristen laufen.
 
Justiz NRW
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