11.05.2015

Öffentliche Arbeitgeber müssen schwerbehinderte Bewerber selbst bei Eignung nicht immer zu einem Vorstellungsgespräch einladen

Öffentliche Arbeitgeber sind zwar gem. § 82 Satz 2 SGB IX grds. verpflichtet, fachlich geeignete schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Das gilt aber nicht, wenn diese andere formale Bewerbervoraussetzungen nicht erfüllen. So dürfen etwa auch öffentliche Arbeitgeber den Bewerberkreis auf arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen beschränken, um in den Genuss einer Förderung nach dem Altersteilzeitgesetz zu gelangen.

LAG Schleswig-Holstein 18.3.2015, 3 Sa 371/14
Der Sachverhalt:
Die beklagte Universität schrieb eine durch Altersteilzeit frei gewordene Stelle nur für arbeitslos Gemeldete oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte aus, um Fördermittel nach dem Altersteilzeitgesetz in Anspruch nehmen zu können.

Der schwerbehinderte Kläger war fachlich für die ausgeschriebene Stelle geeignet, aber nicht arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht. Deshalb erteilte die Beklagte ihm eine Absage, ohne ihn zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben.

Der Kläger sah in der Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung und verlangte deshalb von der Beklagten eine Entschädigung i.H.v. mindestens 30.000 Euro. Hiermit hatte er weder vor dem Arbeitsgericht noch vor dem LAG Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus dem AGG auf Zahlung einer Entschädigung wegen Diskriminierung aufgrund seiner Schwerbehinderung.

Der gesetzlich normierte Schwerbehindertenschutz und § 82 Satz 2 SGB IX zwingen einen öffentlichen Arbeitgeber nicht dazu, fachlich geeignete Menschen mit Behinderung zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn diese andere formale Bewerbervoraussetzungen nicht erfüllen.

Eine solche formale Voraussetzung ist die Beschränkung des Bewerberkreises auf Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte. Auch ein öffentlicher Arbeitgeber darf den Bewerberkreis auf nach § 3 Abs. 1 Ziff. 2a Altersteilzeitgesetz förderbare Personen beschränken. Dies folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 GG) und verstößt nicht gegen das in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Prinzip der Bestenauslese.

Da der Kläger diese formale Voraussetzung nicht erfüllte, musste die Beklagte ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Die Nichteinladung stellt deshalb kein Indiz für eine Diskriminierung dar.

LAG Schleswig-Holstein PM Nr. 3/2015 v. 8.5.2015
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