08.04.2014

Rechtsprechungsänderung: Ladungsfehler führt nicht zwingend zur Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses

Ein Verstoß gegen die formelle Voraussetzung des § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG kann geheilt werden, indem die Betriebsratsmitglieder oder deren Nachrücker rechtzeitig zur Sitzung geladen werden und die beschlussfähig Erschienenen in der Sitzung einstimmig die Ergänzung oder Erstellung einer Tagesordnung beschließen. Die Anwesenheit aller Betriebsratsmitglieder ist dabei nicht erforderlich.

BAG 22.1.2014, 7 AS 6/13
Der Sachverhalt:
Die antragstellende Arbeitgeberin hatte mit dem lokalen Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (BV) geschlossen. Zu der Sitzung, in der über die BV abgestimmt werden sollte, hatte der Betriebsratsvorsitzende per E-Mail, jedoch ohne die Beifügung einer Tagesordnung geladen. Der nachfolgende Betriebsrat kündigte die BV außerordentlich und begründete dies u.a. mit der fehlerhaften Beschlussfassung infolge nicht ordnungsgemäßer Ladung.

Mit ihrer Klage begehrte die Antragstellerin die Feststellung, dass die außerordentliche Kündigung der BV unwirksam sei. Während das Arbeitsgericht dem Antrag stattgegeben hatte, wies ihn das LAG ab. Auf Vorlage des 1. Senats beschloss der 7. Senat des BAG, an seiner bisherigen Rechtsauffassung zur Heilung eines Ladungsfehlers wegen fehlender Tagesordnung nicht mehr festzuhalten.

Die Gründe:
Für die Heilung des Ladungsfehlers ist es ausreichend, dass die beschlussfähig erschienenen Betriebsrats- oder Ersatzmitglieder einstimmig die Änderung oder Erstellung einer Tagesordnung beschließen. Die Anwesenheit aller Betriebsratsmitglieder ist - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BAG - nicht erforderlich.

Dem Schutz der Willensbildung, den § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG bezweckt, wird bereits durch das Erfordernis der Einstimmigkeit für die Änderung oder Erstellung einer Tagesordnung Rechnung getragen. Dem einzelnen Betriebsrats- bzw. Ersatzmitglied steht es bei Unsicherheiten frei, seine Zustimmung zu verweigern.

Das bislang angeführte Argument, ein verhindertes Betriebsratsmitglied müsse anhand der zuvor erfolgten Mitteilung der Tagesordnung Gelegenheit haben, seine Betriebsratskollegen außerhalb der Sitzung über seine Auffassung zu unterrichten und sie hiervon zu überzeugen, trägt nicht. Denn im Fall der Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds rückt das Ersatzmitglied mit allen Rechten und Pflichten in dessen Stellung ein.

Linkhinweis:
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