19.11.2025

Rufbereitschaft: Kein Unfallversicherungsschutz bei Treppensturz im eigenen Heim

Wer sich in seiner eigenen Wohnung in Rufbereitschaft befindet, dann zu einem Noteinsatz gerufen wird und auf dem Weg zur Haustür stürzt, steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Ereignis stellt daher keinen Arbeitsunfall dar.

LSG Berlin-Brandenburg v. 6.11.2025 - L 3 U 42/24
Der Sachverhalt:
Der zum Unfallzeitpunkt 72 Jahre alte Kläger war, obwohl schon in Rente, beruflich noch als Fahrer eines Abschleppdienstes beschäftigt. In einer Dezembernacht des Jahres 2022 übernahm er von zu Hause aus die Rufbereitschaft für etwaige Noteinsätze. Gegen 2 Uhr nachts wurde er zu einem Einsatz gerufen, packte seine Sachen zusammen und verließ rund eine halbe Stunde später seine Wohnung. Auf der Treppe innerhalb des von ihm bewohnten Mehrfamilienhauses stolperte er über einen dort liegenden Backstein und stürzte mehrere Treppenstufen hinab. Dabei zog er sich unter anderem eine Gehirnerschütterung zu und musste rund eine Woche lang stationär im Krankenhaus behandelt werden.

Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem SG blieb ohne Erfolg. Das LSG hat die ablehnende Entscheidung bestätigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, der Kläger kann aber beim BSG die Zulassung der Revision beantragen.

Die Gründe:
Das Heruntergehen der Treppe im Mehrfamilienhaus von der Wohnungstür zur Außentür hat nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten, beruflichen Tätigkeit des Klägers gestanden. Letztere beginnt erst dann, wenn die Außentür des Wohngebäudes durchschritten wird. Erst dann wird der nicht versicherte, häusliche Lebensbereich verlassen und der versicherte Arbeitsweg begonnen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist diese, an objektive Merkmale anknüpfende und leicht feststellbare Grenze bewusst starr zu ziehen.

Anderes kann nur dann gelten, wenn sich die Arbeitsstätte selbst im häuslichen Bereich befindet und sich der Unfall auf einem beruflich veranlassten Weg innerhalb des Hauses ereignet, also vor allem bei einer Tätigkeit im Homeoffice. Diese setzt aber voraus, dass Beschäftigte aufgrund einer Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber von zu Hause aus beruflich tätig werden. Eine (nächtliche) Rufbereitschaft zu Hause begründet indes keine Tätigkeit im Sinne eines Homeoffice. Vielmehr kann der nur rufbereite Arbeitnehmer seine Tätigkeiten grundsätzlich frei gestalten und auch privaten Dingen nachgehen, etwa ruhen oder schlafen. Der Versicherungsschutz kann daher grundsätzlich nicht schon bei einem Unfall innerhalb des Wohngebäudes greifen, sondern erst dann, wenn das Wohnhaus durch die Außentür verlassen wird, um den Arbeitsweg zu beschreiten.

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LSG Berlin-Brandenburg PM vom 18.11.2025