24.02.2021

Ruhegeld nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz

Nach der Härtefallklausel in § 28 Hamburgisches Zusatzversorgungsgesetz (HmbZVG) kann die zuständige Behörde Unbilligkeiten und Härten ausgleichen, die sich im Einzelfall aus der Anwendung des Gesetzes ergeben. Eine solche Härte kann entstehen, wenn infolge eines Systemwechsels in der zugesagten Gesamtversorgung die Anrechnung einer fiktiven gesetzlichen Rente bei einer von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreiten Arbeitnehmerin zu unbilligen Ergebnissen führt.

BAG v. 23.2.2021 - 3 AZR 53/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung. Die 1953 geborene Klägerin war seit November 1973 bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Sie wurde mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Die Beklagte gewährte ihr zu einer privaten Lebensversicherung einen monatlichen Zuschuss.

Seit September 2018 bezieht die Klägerin eine Betriebsrente nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz, die sich aufgrund der Übergangsbestimmungen für rentenferne Rentengeldberechtigte (§§ 31, 30 HmbZVG) bis zum 31.7.2003 nach dem 1. Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) und für die Zeit danach nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz berechnet.

Für die Berechnung des Grundruhegelds unterscheidet das Gesetz zwischen rentennahen Beschäftigten, welche vor dem 1.8.1948 geboren sind, und rentenfernen Beschäftigten, die danach geboren sind. Die Klägerin gehört zu den rentenfernen Beschäftigten. Für diese ist ergänzend auf § 18 Abs. 2 BetrAVG verwiesen. Die Parteien streiten über die Anrechnung einer fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund Näherungsverfahrens nach § 31 Abs. 2 HmbZVG i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG. Die Klägerin hält sie für gänzlich unberechtigt.

Das ArbG wies die Klage ab. Das LAG gab ihr statt und erklärte die Anrechnung einer fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG für unzulässig. Die Revision der Beklagten hatte teilweise Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagte ist nicht berechtigt, eine fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund Näherungsverfahrens nach § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG anzurechnen. Allerdings muss sich die Klägerin - insoweit war die Revision der Beklagten erfolgreich - nach § 26 Abs. 8 des 1. RGG die Zuschussbeträge der Beklagten zu ihrer privaten Lebensversicherung anrechnen lassen. Bis zu ihrer der Übergangsbestimmung zugrundeliegenden Ablösung sah diese Vorschrift - für die Klägerin günstiger - eine Anrechnungsmöglichkeit der doppelten Summe der monatlichen Zuschussbeträge zu einer privaten Lebensversicherung mit dem Faktor 1,25 v.H. vor.

Es spricht viel dafür, dass das Vertrauen der Klägerin in diese Regelung schutzwürdig ist und keine ausreichenden Gründe für eine Verschlechterung vorliegen. Jedenfalls ist eine Anwendung der Härtefallklausel nach § 28 HmbZVG im Einzelfall geboten. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin aufgrund ihres Status als koreanische Arbeitsmigrantin im Jahre 1973 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden konnte. Dem lag die Überlegung zugrunde, dass sie wieder nach Korea zurückkehren würde, ohne Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben. Diese der Anwerbepolitik zugrundeliegende Überlegung hat sich nicht verwirklicht.
BAG PM Nr. 3 vom 23.2.2021
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