01.02.2018

Schienenkartell: Schadensersatzprozess zur Klärung kartellrechtlicher Vorfragen an das LG verwiesen

Der Schadensersatzprozess eines Stahlhandelsunternehmens gegen seinen ehemaligen Geschäftsführer wegen rechtswidriger Kartellabsprache wird aufgrund § 87 Satz 2 GWB zur Klärung kartellrechtlicher Vorfragen - ohne die der Prozess nicht entschieden werden könnte - an das LG verwiesen.

LAG Düsseldorf 29.1.2018, 14 Sa 591/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt ein Stahlhandelsunternehmen. Gegen dieses Unternehmen verhängte das Bundeskartellamt Bußgelder i.H.v. 103 Mio. Euro und 88 Mio. Euro wegen rechtswidriger Kartellabsprachen beim Vertrieb von Schienen und anderer Oberbaumaterialien ("Schienenkartell"). Der Beklagte war von 2003 bis 2009 Geschäftsführer des Unternehmens. Die Klägerin begehrte die Erstattung der Kartellbußen i.H.v. insgesamt 191 Mio. Euro sowie die Feststellung, dass der Beklagte für alle Schäden, die aus den rechtswidrigen Kartellabsprachen entstanden sind oder noch entstehen werden, (mit)haftet. Das Feststellungsbegehren stellte das Unternehmen teilweise auf einen Zahlungsantrag von weiteren 100 Mio. Euro um, da es sich in dieser höhe mit einem von der Kartellabsprache betroffenen Kunden geeinigt habe und an diesen die 100 Mio. Euro gezahlt worden seien.

Das LAG wies die Klage zunächst durch Teilurteil vom 20.1.2015 in Bezug auf die geforderte Erstattung der Kartellbuße i.H.v. 191 Mio. Euro ab, da die vom Bundeskartellamt gegenüber der Gesellschaft verhängte Buße im Verhältnis zum Beklagten als natürliche Person nicht erstattungsfähig sei. Auf die Revision der Klägerin hob das BAG das Teilurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück. Das LAG verband die Sache 16 Sa 458/14 daraufhin mit den beiden weiteren parallel gelagerten Verfahren, in denen andere Unternehmen des Konzerns von dem Beklagten ebenfalls Schadensersatz aus rechtswidrigen Kartellabsprachen verlangen. Anschließend verwies es den Rechtsstreit insgesamt an das LG, Kammern für Kartellsachen. Es ließ die Rechtsbeschwerde zu.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 87 S. 2 GWB sind gegeben. Der vorliegende Fall kann nicht ohne die Beantwortung kartellrechtlicher Vorfragen entschieden werden. Eine Klageabweisung aus anderen, nicht-kartellrechtlichen gründen kommt nicht in Betracht. Die Schadensersatzansprüche sind weder verjährt noch ist ein überwiegendes Mitverschulden der Klägerinnen, welches die Haftung des Beklagten insgesamt ausschließt, gegeben.

Eine Beweisaufnahme kann im vorliegenden Fall nicht ohne Beantwortung kartellrechtlicher Vorfragen durchgeführt werden, denn die Beweislast hängt bereits von diesen Vorfragen ab. Die Klägerinnen haben sich darauf berufen, dass die Gerichte an die Feststellungen des kartellrechtlichen Bußgeldbescheids gebunden seien. In diesem Bescheid ist der Beklagte namentlich genannt. Hinzu kommt, dass der Gegenstand der Beweisaufnahme die Feststellung einer etwaigen Beteiligung des Beklagten an dem Schienenkartell ist. Dazu sind die Kartellgerichte berufen.

LAG Düsseldorf PM vom 29.1.2018
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