05.10.2017

Smartphone-App mit Kundenfeedbackfunktion ist u.U. keine durch den Betriebsrat mitbestimmungspflichtige technische Überwachungseinrichtung

Eine durch Arbeitgeber betriebene Smartphone-App , die es ermöglicht, ein Kundenfeedback abzugeben, das auch mitarbeiterbezogene Daten enthalten könnte, stellt keine technische Überwachungseinrichtung i.S.d § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dar, wenn der Arbeitgeber keine Aufforderung zur Abgabe derartiger Angaben abgibt und auch keine programmgemäß technische Weiterverarbeitung der gewonnenen Daten erfolgt.

ArbG Heilbronn 8.6.2017, 8 BV 6/16
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin und Antragsgegnerin betreibt ein Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen, das aus zehn Betrieben besteht. Der Antragsteller ist der für das Unternehmen zuständige Gesamtbetriebsrat.

Die Unternehmensgruppe K stellt eine kostenfreie App zum Download und zur Nutzung für die Kunden der Lebensmittelgeschäfte bereit.

Die App bietet u.a. ein sog. Filial-Feedback an. Die Funktion ermöglicht den Kunden, Rückmeldungen zu den Filialen der Arbeitgeberin. Der Nutzer wird vor Abgabe des Feedbacks gebeten, eine konkrete Filiale auszuwählen. Anschließend kann der Nutzer der Filiale zunächst einen positiven oder negativen Smiley vergeben und dann optional einen Freitext dazu schreiben und versenden. Die im Freitext eingegebenen Kundenkommentare werden ausschließlich an die Dienstleistungs-KG weitergeleitet. Anschließend werden dort die Kommentare von Mitarbeitern gesichtet und manuell einzelnen Themenbereichen zugeordnet.

Bei der Dienstleistungs-KG gehen Kundenrückmeldungen zudem auch per E-Mail mittels Kontaktformular auf der Internetseite des Lebensmittelunternehmens, handschriftliche Briefe und telefonische Rückmeldungen ein. Alle Kundenrückmeldungen, die eine bestimmte Filiale betreffen, egal über welchen Kommunikationsweg ermittelt, werden dann einmal pro Woche an den Hausleiter der jeweiligen Filiale weitergegeben.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass er ein Mitbestimmungsrecht über den Betrieb der App mit Kundenfeedbackfunktion habe und dieses verletzt sei. Nach erfolglosen Verhandlungen stellte er daher Anträge auf Unterlassung beim Arbeitsgericht. Die Anträge wurden als unbegründet zurückgewiesen.

Die Gründe:
Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin es unterlässt, die Funktion Filial-Feedback ohne seine Zustimmung bzw. ohne den ersetzenden Spruch der Einigungsstelle zur Nutzung bereitzustellen.

Im Streitfall ist der Mitbestimmungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht erfüllt. Nach der Regelung hat der Betriebsrat u.a. bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen, mitzubestimmen. Die Überwachung muss dabei durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Der Vorgang lässt sich in drei Phasen aufteilen, nämlich der Erhebung der Daten, der Verarbeitung (Sichten, Einordnen) und der Beurteilung (Vergleich mit der Vorgabe). Es reicht aus, wenn lediglich ein Teil mittels einer technischen Einrichtung erfolgt.

Bei der streitgegenständlichen App mit der Kundenfeedbackfunktion handelt es sich daher nicht um eine technische Einrichtung, die zur Überwachung bestimmt ist. Zwar stellt die App an sich eine technische Einrichtung dar. Aber die Funktion des Kundenfeedbacks ermöglicht keine Überwachung, da sie die Daten nicht selbst erhebt und auch nicht programmgemäß verarbeitet. Die App beschafft sich die Daten nicht selbst, sondern ihr werden die Daten ohne aktives Zutun durch Dritte gegeben.

Hat ein Informationsempfänger elektronische Empfangsvorrichtungen wie Briefkästen, Faxgeräte, E-Mail-Accounts eingerichtet und werden diese auch zur Mitteilung personenbezogener Daten benutzt, stellt dies kein Erheben von Daten dar, es sei denn der Benutzer erhält die Aufforderung, bestimmte Angaben zu machen. Eine solche Aufforderung ist vorliegend nicht gegeben. Ebenso verarbeitet die App die mitarbeiterbezogenen Daten nicht programmgemäß. Die Daten werden manuell durch die Mitarbeiter geordnet und gesichtet. Die App stellt lediglich eine Form eines elektronischen Briefkastens dar.

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