03.11.2014

Spielsucht schützt nicht vor Kündigung wegen Vermögensdelikten

Arbeitnehmern, die zulasten ihres Arbeitgebers große Summen veruntreuen, kann selbst dann gekündigt werden, wenn sie spielsüchtig sind und im Unternehmen eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung zum Thema "Sucht" mit einem abgestuften Sanktionsverfahren besteht. Derartige Vereinbarungen erfassen regelmäßig nur typische suchtbedingte Ausfallerscheinungen, wie Verspätungen und qualitative Fehlleistungen, nicht aber strafbare Handlungen.

ArbG Düsseldorf 21.10.2014, 2 Ca 3420/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit über 20 Jahren im Ordnungsamt der beklagten Stadt Hilden als Verwaltungsfachangestellter beschäftigt. Bei der Beklagten gilt eine "Dienstvereinbarung Sucht", wonach vor dem Ausspruch einer Kündigung zunächst ein abgestuftes Verfahren, bestehend aus Erstgespräch, Zweitgespräch, Ermahnung, erster Abmahnung und weiterer Abmahnung, zu durchlaufen ist.

Der Kläger veruntreute mehr als 100.000 Euro, indem er für gebührenpflichtige Erlaubnisse, wie z.B. zum Betrieb einer Schankwirtschaft und zur gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten, überhöhte Gebühren festsetzte und einen Teil davon für sich vereinnahmte. Die Beklagte sprach wegen dieser Veruntreuungen insgesamt 33 Tat- und Verdachtskündigungen aus.

Mit seiner gegen die Kündigungen gerichteten Klage räumte der Kläger die ihm zur Last gelegten Taten zwar ein, machte aber geltend, dass die Beklagte ihm gleichwohl nicht habe kündigen dürfen. Aufgrund seiner Spielsucht fehle ihm die Impuls- und Steuerungsfähigkeit, so dass ihm die Handlungen nicht vorwerfbar seien. Entsprechend der "Dienstvereinbarung Sucht" hätte die Beklagte vor Ausspruch einer Kündigung zunächst Gespräche führen bzw. das Fehlverhalten abmahnen müssen. Die Beklagte, für die seine Spielsucht offensichtlich gewesen sei, habe zudem ihre Kontroll- und Überwachungspflichten verletzt.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Bereits die erste Kündigung der Beklagten war wirksam. Die "Dienstvereinbarung Sucht" ist hier - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht einschlägig. Die Vereinbarung ist dahingehend auszulegen, dass das darin geregelte abgestufte Sanktionsverfahren Pflichtverletzungen, wie z.B. Verspätungen oder qualitative Fehlleistungen betrifft, die auf typischen suchtbedingten Ausfallerscheinungen beruhen, nicht aber strafbare Handlungen.

Zudem sind die Darlegungen des Klägers zu seiner angeblichen Steuerungsunfähigkeit nicht hinreichend konkret. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, warum der Kläger - was un-streitig ist - seine Pflichten immer wieder auch ordnungsgemäß erfüllen und damit sein Verhalten zumindest zeitweise sehr wohl steuern konnte.

Im Übrigen kann eine außerordentliche, fristlose Kündigung auch auf eine nicht schuldhaft begangene schwere Pflichtverletzung gestützt werden.

Arbeitsgericht Düsseldorf PM vom 21.10.2014
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