17.10.2017

Stasi-Tätigkeit rechtfertigt nicht ohne weiteres eine Kündigung

Einem Angestellten im öffentlichen Dienst, der früher für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig gewesen ist und dies mehrfach abgestritten hat, kann nicht ohne weiteres gekündigt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn er eher gering in die Tätigkeiten der Stasi verstrickt war, seine Tätigkeit sehr lange zurückliegt und er seine neue Tätigkeit über lange Zeit unbeanstandet ausgeübt hat.

LAG Berlin-Brandenburg 16.10.2017, 5 Sa 462/17
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 1990 zuletzt als stellvertretender Direktor des Landesinstituts für Rechtsmedizin des Landes Brandenburg beschäftigt. In den Jahren 1988 und 1989 war er in seiner Funktion als Militärarzt in der DDR inoffizieller Mitarbeiter des MfS. 1991 verneinte er im Rahmen einer Befragung seines beklagten Arbeitgebers wahrheitswidrig diese Stasi-Tätigkeit. Als der Kläger sich 2016 für die Stelle des Direktors beworben hatte, erfuhr das beklagte Land von der MfS-Tätigkeit, die vom Kläger erneut verneint wurde. Das beklagte Land kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos aus wichtigem Grund, hilfsweise fristgemäß.

Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Da die fristlose Kündigung aus formalen Gründen unwirksam war und nicht mehr im Streit stand, hatte das LAG nur noch über die ordentliche Kündigung zu entscheiden. Es bestätigte die Klagestattgabe.

Die Gründe:
Die fristgemäße Kündigung ist rechtsunwirksam. Das Ausmaß der Tätigkeit des Klägers für das MfS ist als eher gering einzustufen. Sie wiegt nicht so schwer, als das eine spätere Verheimlichung, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich macht. Aufgrund seiner langen, unbeanstandet gebliebenen Tätigkeit beim beklagten Land kann diesem eine Weiterbeschäftigung zugemutet werden. Auch die mehrfache Leugnung der sehr lange zurückliegenden Tätigkeit, die zwar schon eine Belastung für das Arbeitsverhältnis dargestellt hat, vermag an der Abwägung zugunsten des Klägers nicht zu ändern.

LAG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung Nr. 22/17 vom 16.10.2017
Zurück