18.06.2013

Streiks zur Durchsetzung einer Mobilitätszulage können bei bestehendem Entgelttarifvertrag unzulässig sein

Ein Streik zur Durchsetzung einer allgemeinen Mobilitätszulage (hier: für alle Mitarbeiter der Stadt Stuttgart i.H.v. 180 € brutto) kann bei bestehendem Entgelttarifvertrag gegen die relative Friedenspflicht verstoßen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Tarifvertrag das Entgelt inklusive Zulagen umfassend regelt. Unter den Entgeltbegriff des Tarifvertrags fällt dann fällt auch eine pauschale Mobilitätszulage, die unabhängig von einer konkreten sozialen Komponente gezahlt wird.

ArbG Stuttgart 11.6.2013, 7 Ga 31/13
Der Sachverhalt:
Bei den Antragstellern handelt es sich um die Stadt Stuttgart sowie den Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg e.V. Antragsgegnerin ist die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Zwischen der Gewerkschaft und der Stadt Stuttgart gelten verschiedene Entgelttarifverträge. Bei der Umstellung der Tarifverträge vom BAT in die nunmehr geltenden Entgelttarifverträge hatten die Tarifvertragsparteien auch Zulagen einbezogen.

Die Gewerkschaft wollte eine allgemeine Mobilitätszulage i.H.v. 180 € brutto monatlich für alle beschäftigten Arbeitnehmer der Stadt durchsetzen und hatte zu diesem Zweck zu Warnstreiks aufgerufen. Die Stadt und der Arbeitgeberverband hielten den Streikaufruf für unzulässig und beantragten, die Gewerkschaft zu verurteilen, unverzüglich den Streikaufruf gegenüber ihren Verbandsmitgliedern und sonstigen Arbeitnehmern zu widerrufen.

Das Arbeitsgericht entsprach dem Antrag.

Die Gründe:
Ver.di darf zur Durchsetzung eines Bezirkstarifvertrags über die Gewährung einer Mobilitätszulage für alle Arbeitnehmer der Stadt Stuttgart nicht zu Streiks, Warnstreiks oder sonstigen Arbeitsniederlegungen aufrufen. Die Gewerkschaft ist darüber hinaus verpflichtet, unverzüglich den Streikaufruf gegenüber ihren Verbandsmitgliedern und den sonstigen Arbeitnehmern zu widerrufen.

Der Streikaufruf verstößt gegen die relative Friedenspflicht. Denn zwischen der Gewerkschaft und der Stadt Stuttgart gelten verschiedene Entgelttarifverträge. Bei der Durchsetzung einer allgemeinen pauschalen Mobilitätszulage handelt es sich um einen Vergütungsbestandteil, der in den Entgelttarifverträgen bereits mit geregelt ist bzw. hätte mit geregelt werden können.

Das ergibt sich daraus, dass die Tarifvertragsparteien bei der Umstellung der Tarifverträge vom BAT in die nunmehr geltenden Entgelttarifverträge Zulagen einbezogen haben und lediglich noch leistungs- und tätigkeitsbezogene Vergütungsbestandteile im Sinn eines umfassenden Entgeltbegriffs geregelt werden. Unter diesen Entgeltbegriff fällt auch eine pauschale Mobilitätszulage, die unabhängig von einer konkreten sozialen Komponente gezahlt wird. Damit liegt eine Art "Basisvergütung" und somit ein Entgeltbestandteil vor.

Da beide Tarifvertragsparteien an die geltenden Entgelttarifverträge gebunden sind, besteht für ver.di eine relative Friedenspflicht. Während des Bestehens dieser Tarifverträge ist die Durchsetzung von Forderungen auf weitere Vergütung durch Streiks oder Warnstreiks nicht erlaubt.

Arbeitsgericht Stuttgart PM v. 11.6.2013
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