17.12.2013

Tarifliche Vergünstigungen für verheiratete Arbeitnehmer müssen auch homosexuellen Paaren zustehen

Eine tarifvertragliche Regelung, die bei Eheschließung gewisse Vergünstigungen gewährt, muss auch für homosexuelle Paare gelten, wenn diese in dem jeweiligen Mitgliedstaat nicht heiraten, sondern nur einen sog. Solidaritätspakt schließen können. Die Weigerung, einem homosexuellen Arbeitnehmer diese Vergünstigungen zu gewähren, stellt eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung dar.

EuGH 12.12.2013, C-267/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist bei einer französischen Bank beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet ein Tarifvertrag Anwendung, wonach Arbeitnehmer bei Eheschließung Sonderurlaubstage und eine Gehaltsprämie erhalten. Noch bevor in Frankreich im Mai 2013 die Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts zugelassen wurde, schloss der Kläger mit seinem Partner einen zivilen Solidaritätspakt ("pacte civil de solidarité", PACS). Die beklagte Bank verweigerte ihm die tariflichen Vergünstigungen, weil diese nur im Fall der Eheschließung gewährt würden.

Auf die hiergegen gerichtete Klage setzte das in letzter Instanz angerufene französische Gericht - die Cour de cassation - das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die unterschiedliche Behandlung von Personen, die einen PACS mit ihrem Partner gleichen Geschlechts geschlossen haben, und Ehepaaren eine unzulässige Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung darstellt. Der EuGH bejahte dies.

Die Gründe:
Das Unionsrecht steht der streitigen Regelung des Tarifvertrags entgegen. Ein Arbeitnehmer, der einen zivilen Solidaritätspakt mit einem Partner gleichen Geschlechts schließt, muss die gleichen Vergünstigungen erhalten wie sie seinen Kollegen aus Anlass ihrer Eheschließung gewährt werden, wenn diese homosexuellen Paaren nicht gestattet ist. Die Weigerung, ihm diese Vergünstigungen zu gewähren, stellt eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung dar.

Arbeitnehmer, die eine Ehe schließen, und solche, die mangels Möglichkeit der Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren einen PACS eingehen, sind in Bezug auf die Gewährung der fraglichen Vergünstigungen miteinander vergleichbar. Denn auch letztere verpflichten sich in einem genau bestimmten rechtlichen Rahmen, eine Lebensgemeinschaft zu führen und sich gegenseitige materielle Unterstützung und gegenseitigen Beistand zu leisten.

Der Tarifvertrag begründet eine unmittelbare, auf der sexuellen Ausrichtung beruhende Diskriminierung von homosexuellen Arbeitnehmern, die einen PACS geschlossen haben. Dass der PACS nicht ausschließlich homosexuellen Paaren vorbehalten ist, ändert nichts am Wesen der Diskriminierung dieser Paare, denen damals - anders als heterosexuellen Paaren - die Schließung einer Ehe rechtlich nicht möglich war.

Die ungünstigere Behandlung von Paaren, die einen PACS geschlossen haben, ist auch nicht durch einen in der Richtlinie vorgesehenen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht.
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EuGH PM Nr. 159 vom 12.12.2013
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