14.11.2017

Teilzeitbeschäftigte mit vertikaler Arbeitszeitvereinbarung dürfen bei Bezugsdauer von Leistungen bei Arbeitslosigkeit nicht benachteiligt werden

Bei Teilzeitbeschäftigten, die nur an einzelnen Werktagen arbeiten (= vertikale Teilzeitarbeit), darf die Bezugsdauer von Leistungen bei Arbeitslosigkeit nicht wegen der Tage, an denen sie nicht gearbeitet haben, verkürzt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine solche Regelung (hier: in Spanien) mehr Frauen als Männer betrifft, da dann eine unzulässige Benachteiligung von Frauen vorliegt.

EuGH 9.11.2017, C-98/15
Der Sachverhalt:
Frau Espadas Recio gehört zur Gruppe der Teilzeitbeschäftigten mit vertikaler Arbeitszeitvereinbarung. Sie war mehr als 12 ½ Jahre lang als Reinigungskraft beschäftigt. Nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses beantragte sie Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Der Staatliche Beschäftigungsdienst (SPEE) erkannte ihr daraufhin Leistungen für 420 Bezugstage an, anstelle für 720 Tage (bei Vollzeitbeschäftigung oder Teilzeitbeschäftigung mit horizontaler Arbeitszeitvereinbarung), auf die sie ihrer Ansicht nach Anspruch hatte.

Der Staatliche Beschäftigungsdienst wandte die spanische Regelung an, die vorsieht, dass, wenn sich bei Teilzeitarbeit die Bezugsdauer von Leistungen aufgrund Arbeitslosigkeit nach der Anzahl der Beitragstage in den vorangegangenen sechs Jahren richtet, nur die Tage zu berücksichtigen sind, an denen tatsächlich gearbeitet wurde (hier: 1387), und nicht die sechs Beitragsjahre insgesamt. Frau Espadas Recio erhob Klage beim Arbeitsgericht, da sie ihrer Auffassung nach, Beiträge für die gesamten sechs Jahre gezahlte habe und daher auch Anspruch auf ungekürzte Bezugsdauer hätte.

Das spanische Gericht stellte fest, dass durch die Regelung ein weitaus größerer Anteil an Frauen als an Männern betroffen sei. Diese würden zudem doppelt bestraft, da sie aufgrund ihres niedrigeren Gehalts nicht nur monatlich niedrigere Leistungen als Vollzeitbeschäftigte beziehen würden, sondern auch für weniger Monate Leistungen erhielten. Er stellte daher dem EuGH vorab die Frage, ob die Richtlinie über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit der in Rede stehenden spanischen Regelung entgegensteht, wenn festgestellt wird, dass die Mehrheit der Beschäftigten mit vertikaler Arbeitszeitvereinbarung weiblich ist. Der EuGH bejahte einen Verstoß gegen die Richtlinie.

Die Gründe:
Die Richtlinie steht einer Regelung entgegen, die in Fällen von Teilzeitarbeit mit vertikaler Arbeitszeitvereinbarung bei der Berechnung der Tage, für die Beiträge geleistet wurden, die Tage, an denen nicht gearbeitet wurde, außer Acht lässt und so die Bezugsdauer der Leistungen bei Arbeitslosigkeit verkürzt, wenn festgestellt wird, dass die Mehrheit der Betroffenen weiblich ist und von dieser Regelung nachteilig betroffen ist.

Zunächst ist festzustellen, dass die unter die spanische Regelung fallenden Teilzeitbeschäftigten alle nachteilig von ihr betroffen sind. Aufgrund der Tatsache, dass 70 bis 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten mit vertikaler Arbeitszeitvereinbarung weiblich sind, steht fest, bewirkt die Regelung eine unzulässige Benachteiligung von Frauen.

Die spanische Regelung ist nicht geeignet, eine Verhältnismäßigkeit zwischen den vom Arbeitnehmer geleisteten Beiträgen und der Bezugsdauer der Leistung bei Arbeitslosigkeit herzustellen.

Linkhinweis:
Für die auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Pressemitteilung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 116/17 vom 9.11.2017
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