21.03.2013

Türkische Arbeitnehmer müssen keine unverhältnismäßig hohen Gebühren für Aufenthaltsdokumente zahlen

Es verstößt gegen das Assoziationsrecht EWG-Türkei, wenn türkische Arbeitnehmer deutlich höhere Gebühren für Aufenthaltsdokumente zahlen müssen als Unionsbürger. Die unionsrechtliche Begrenzung der Gebühren kommt über das Assoziationsrecht auch türkischen Staatsangehörigen zugute. Eine hiergegen verstoßende Regelung stellt eine unzulässige Diskriminierung dar.

BVerwG 19.3.2013, 1 C 12.12
Der Sachverhalt:
Der Kläger stammt aus der Türkei und lebt seit 2003 in Deutschland. Die Ausländerbehörde stellte ihm zum Nachweis seines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts 2010 eine befristete Aufenthaltserlaubnis aus, die sie 2011 verlängerte. 2012 erhielt der Kläger eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG. Für diese drei Amtshandlungen stellte die Behörde dem Kläger Gebühren i.H.v. 40, 30 und 135 € in Rechnung.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage beanstandete der Kläger die Höhe der Gebühren. Diese seien diskriminierend, da Unionsbürger für diese Amtshandlungen deutlich niedrigere Gebühren zahlen müssten. Das VG gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Sprungrevision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Gebührenbescheide verletzen den Kläger in seinen Rechten. Als türkischer Arbeitnehmer kann er sich auf das Diskriminierungsverbot des Art. 10 und auf die Stillhalteklausel des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei (ARB 1/80) berufen. Nach der Rechtsprechung des EuGH stellen Gebühren, die im Vergleich zu den von Unionsbürgern für entsprechende Aufenthaltsdokumente verlangten Gebühren unverhältnismäßig hoch sind, eine gegen Art. 10 ARB 1/80 verstoßende diskriminierende Arbeitsbedingung dar.

Daher verletzen alle drei Gebührenbescheide das Diskriminierungsverbot. Denn von Unionsbürgern wurden zum damaligen Zeitpunkt für die Ausstellung vergleichbarer Dokumente deutlich niedrigere Gebühr von höchstens 8 € (für die Aufenthaltserlaubnis) bzw 28,80 € (für die Daueraufenthaltserlaubnis) erhoben. Diese unionsrechtliche Begrenzung der Gebühren kommt über das Assoziationsrecht auch türkischen Staatsangehörigen zugute.

Der Hintergrund:
Das Bundesverwaltungsgericht hat weiter entschieden, dass der Kläger zusätzlich zur Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG auch noch eine Niederlassungserlaubnis beanspruchen kann. Dies begründete das Gericht damit, dass er hierdurch seinen aufenthaltsrechtlichen Status verbessern könne. Eine Sperre mit der Folge, dass ein Ausländer, der die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen beider Aufenthaltstitel erfülle, sich für einen der beiden entscheiden müsse, sei weder dem Wortlaut noch der Systematik des Aufenthaltsgesetzes zu entnehmen.

BVerwG PM Nr. 17 v. 19.3.2013
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