11.04.2017

Überstundenvergütung: Was müssen Arbeitnehmer auf der ersten Stufe ihrer Darlegungs- und Beweislast vortragen?

Klagt ein Arbeitnehmer auf Zahlung einer Überstundenvergütung, ist die Leistung von Überstunden grds. nach § 130 Abs. 3 ZPO von ihm schriftsätzlich darzulegen. Dieser Darlegungslast genügt er, wenn er aufzeigt, an welchen Tagen er von wann bis wann gearbeitet oder sich weisungsgemäß zur Arbeit bereitgehalten hat.

BAG 21.12.2016, 5 AZR 362/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger war von Oktober 2010 bis Juli 2014 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war ein Bruttomonatslohn von 1.600 Euro für eine monatliche Arbeitszeit von 48 Wochenstunden und daneben die Leistung von Mehrarbeit im gesetzlichen Rahmen vereinbart. Für seine Tätigkeit nutzte der Kläger mit digitalen Zeiterfassungsgeräten ausgestattete Lastzüge der Beklagten. Die Kontrollgeräte zeichnen Lenkzeiten, sonstige Arbeitszeiten und Pausen auf.

Im Juli 2014 erhob der Kläger Klage auf Zahlung einer Vergütung für 369,85 Überstunden im Zeitraum August 2011 bis Juni 2014. Dabei reichte er erstinstanzlich eine Auswertung seiner Fahrerkarte zu den Akten und trug zweitinstanzlich in einem Schriftsatz detailliert vor, an welchen Tagen er im streitigen Zeitraum von wann bis wann unterwegs gewesen war. Die Beklagte bestritt die Leistung von Überstunden und machte geltend, die angegebenen Arbeitszeiten seien nicht nachvollziehbar.

Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers war erfolgreich: Das BAG hob das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.

Die Gründe:
Der Kläger hat grds. einen Anspruch auf Zahlung einer Überstundenvergütung, § 612 Abs. 1 BGB. Zwar ist im Arbeitsvertrag nur das monatliche Bruttoentgelt geregelt. Es findet aber § 612 Abs. 1 BGB Anwendung, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Arbeitsleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die objektive Vergütungserwartung ergibt sich daraus, dass der Kläger nicht zu Diensten höherer Art verpflichtet war und keine ungewöhnlich hohe Vergütung erhalten hat.

Der Kläger ist zudem auch seiner Pflicht, die geleisteten Überstunden und deren Veranlassung durch die Beklagte im Prozess im Einzelnen schriftsätzlich darzulegen, auf der ersten Stufe nachgekommen (§ 130 Abs. 3 ZPO). Er hat jedenfalls in der zweiten Instanz dargestellt, an welchen Tagen im streitigen Zeitraum er von wann bis wann im Rahmen welcher Tour gearbeitet haben will. Gleichzeitig hat er damit behauptet, währenddessen vertraglich geschuldete Leistungen erbracht zu haben. Zudem hat er erläutert, dass er zur Arbeitszeit nicht nur die Lenkzeit, sondern auch Arbeitsvorbereitungs-Zeiten sowie Be- und Entladezeiten zählte. Weiterer Angaben seinerseits bedarf es im Rahmen der abgestuften Darlegungslast zunächst einmal nicht.

Auf der zweiten Stufe obliegt es der Beklagten, die behaupteten Arbeitszeiten des Klägers zu widerlegen, z.B. unter Zuhilfenahme von Aufzeichnungen gem. § 21a Abs. 7 ArbZG. Ein pauschales Berufen auf eine falsche Bedienung der Kontrollgeräte reicht dafür nicht aus. In einem Fall wie dem vorliegenden hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass er umfassend über die auf jeder Tour anfallende Arbeitszeit informiert ist.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. 
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