27.02.2018

Unwirksame Kündigung in der Insolvenz: Annahmeverzugsvergütung stellt Neumasseverbindlichkeit dar

Kündigt der Insolvenzverwalter in einer masseunzulänglichen Insolvenz das Arbeitsverhältnis rechtzeitig, d.h. spätestens zum erstmöglichen Zeitpunkt nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit, gelten Annahmeverzugsansprüche, die aufgrund einer Unwirksamkeit der Kündigung danach entstehen, gem. § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 InsO als Neumasseverbindlichkeiten.

BAG 22.2.2018, 6 AZR 868/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war seit 1996 bei dem Schuldner, einem bundesweiten Betreiber von Drogeriemarktketten, zuletzt als Filialleiterin beschäftigt. Am 28.3.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Am. 31.8.2012 zeigte dieser die drohende Massenunzulänglichkeit an. Bereits zuvor hatte er das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin am 28.3. zum 30.6.2012 sowie am 23.8. zum 30.11.2012 gekündigt.

Beide Kündigungen wurden durch arbeitsgerichtliche Urteile, die nach der Anzeige der Massenunzulänglichkeit ergingen, für unwirksam erklärt. Das Arbeitsverhältnis hätte nach der Anzeige der Massenunzulänglichkeit rechtswirksam frühestens zum 31.12.2012 gekündigt werden können. Tatsächlich endete das Arbeitsverhältnis erst nach einer weiteren Kündigung durch einen arbeitsgerichtlichen Vergleich zum 31.8.2013.

Die Klägerin erhob Klage auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 1.1. bis zum 31.8.2013. Sie ist der Auffassung, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, das Arbeitsverhältnis nach der Anzeige durch eine weitere Kündigung rechtswirksam zu beenden. Durch die Unterlassung seien die geltend gemachten Zahlungsansprüche Neumasseverbindlichkeiten. Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Die Gründe:
Der Anspruch der Klägerin auf Annahmeverzugsvergütung stellt eine Neumasseverbindlichkeit dar. § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO bestimmt den Zeitpunkt, bis zu dem der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis beendet haben muss, um keine Neumasseverbindlichkeiten zu begründen. Es ist dafür nicht notwendig, dass er erst nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigt. Er kann auch an einer vorher erklärten Kündigung festhalten, die das Arbeitsverhältnis im Fall ihrer Wirksamkeit spätestens zu dem von § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO festgesetzten Zeitpunkt beendet. Er trägt jedoch dann das Risiko, dass sich diese Kündigung als unwirksam herausstellt und infolgedessen Neumasseverbindlichkeiten begründet werden. Ebenso ist dies die Folge, wenn der Insolvenzverwalter erstmalig nach der Anzeige rechtzeitig kündigt und die Kündigung unwirksam ist.

Linkhinweis:
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BAG PM Nr. 11/2018 vom 22.2.2018
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