04.11.2014

Unzulässige altersabhängige Besoldung bei Beamten: Kein Anspruch auf pauschale Anpassung nach oben

Die alte Fassung des Bundesbesoldungsgesetzes, wonach die Höhe der Beamtenbezüge allein vom Lebensalter der Beamten abhing, stellte zwar eine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Hieraus folgt aber kein Anspruch der Beamten aus § 15 Abs. 2 AGG auf Einstufung in die nächsthöhere oder höchste Stufe der jeweiligen Besoldungsgruppe. Es kommt vielmehr - abhängig vom jeweiligen Besoldungsrecht und vom Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs - max. ein Entschädigungsanspruch i.H.v. 100 Euro pro Monat bis zum Inkrafttreten des neuen Besoldungsrechts in Betracht.

BVerwG 30.10.2014, 2 C 3.13 u.a.
Der Sachverhalt:
Die früher anzuwendenden gesetzlichen Besoldungsregelungen für Beamte in den §§ 27 und 28 BBesG a.F. knüpften die erste Einstufung in die Tabelle der nach der Dienstzeit aufsteigenden Dienstbezüge allein an das Lebensalter des Betreffenden an. Der EuGH entschied mit Urteil vom 19.6.2014 (Rs. C-501/12 u.a., "Specht"), dass diese Regelung jüngere Beamte ungerechtfertigt wegen ihres Alters benachteiligt und damit gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (RL 2000/78/EG) verstößt.

Nach den nunmehr geltenden gesetzlichen Bestimmungen werden neu eingestellte Beamte regelmäßig in die erste Stufe eingruppiert. Ihr Grundgehalt steigt anschließend mit ihrer Dienstzeit an; diese Anknüpfung der Besoldung an die im Dienstverhältnis verbrachte Zeit steht mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang.

Nach dem geltenden Besoldungsrecht der Länder Sachsen (ab 1.9.2006) und Sachsen-Anhalt (ab 1.4.2011) werden die vorhandenen Beamten in dieses neue System übergeleitet. Maßgeblich ist dabei grds. diejenige Dienstaltersstufe, die die Beamten nach bisherigem Recht erreicht hatten. Die damit verbundene Perpetuierung der bisherigen diskriminierenden Wirkung ist nach dem Urteil des EuGH vom 19.6.2014 aber gerechtfertigt.

Die Kläger sind Beamte aus Sachsen und Sachsen-Anhalt. Ihre Klagen auf Entschädigung nach dem AGG hatten je nach Inkrafttreten des neuen unionsrechtskonformen Besoldungsrechts keinen Erfolg oder i.H.v. 100 €/Monat Erfolg. Die zugesprochenen Entschädigungssummen belaufen sich auf 50 bis 5.550 €.

Die Gründe:
Anspruchsgrundlage für eine Entschädigung wegen der unzulässigen Altersdiskriminierung kann nur § 15 Abs. 2 AGG sein.

Dagegen ist bereits nach dem Urteil des EuGH vom 19.6.2014 die Einstufung der Beamten in eine höhere oder gar die höchste Stufe der jeweiligen Besoldungsgruppe ausgeschlossen. Denn die unzulässige Benachteiligung wegen des Alters erfasst sämtliche Gruppen von Beamten. Deshalb besteht kein gültiges Bezugssystem mehr, an das der Anspruch auf Gleichbehandlung anknüpfen könnte.

Der unionsrechtliche Haftungsanspruch scheidet als Grundlage ebenso aus wie der verschuldensabhängige Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG. Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen waren erst mit der Bekanntgabe des Urteils des EuGH vom 8.9.2011 (Rs. C-297/10 u.a., "Hennigs" und "Mai") erfüllt.

§ 15 Abs. 2 AGG erfasst auch den Fall, dass sich die unzulässige Altersdiskriminierung aus der korrekten Anwendung von bundesgesetzlichen Bestimmungen (hier: §§ 27 und 28 BBesG a.F.) ergibt. Wegen der unionsrechtskonformen Überleitungsbestimmungen der Länder und des Inkrafttretens des AGG Mitte August 2006 kommt ein Entschädigungsanspruch aber lediglich ab Mitte August 2006 (Sachsen) bzw. für den Zeitraum von Mitte August 2006 bis Ende März 2011 (Sachsen-Anhalt) in Betracht; danach galt jeweils das unionsrechtskonforme neue Besoldungsrecht.

Angemessen i.S.v. § 15 Abs. 2 AGG ist eine pauschale Entschädigung von 100 Euro pro Monat bzw. 50 Euro pro halben Monat.

BVerwG PM Nr. 65/2014 vom 30.10.2014
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